Werner: Man hört es ja eigentlich nur von Rundfunk, Fernsehen, oder irgendwas, das ist ja das nächste Spiel. Jeder, der von Krieg irgendwie geschädigt ist, kommt hier rein und kriegt irgendwas. Die Ukrainer sind geschädigt und die werden gleich ins Sozialsystem von Deutschland genommen. Das finde ich doch alles so was von Scheiße. Dass denen geholfen werden muss, ist ja gar kein Thema. Aber dass wir das so machen … Jetzt geht’s nämlich los. Jetzt schreien sie schon und erzählen wegen Bürgergeld und das wird so schwer, dass wir das nicht geben können. Da frage ich mich doch: Was haben wir für Leute da oben sitzen, dass die erst jetzt merken, dass Geld fehlt. Das ist doch ein Kreis ohne Ende, finde ich. Ja, wenn die Flüchtlinge sind, die hätten doch genau nicht anders den Status gehabt wie andere Ausländer. Ach nee, da brauchst du dich nicht zu wundern. Ich möchte nicht wissen, was manche Leute hier darüber denken. Wenn du arbeitslos wirst – ich werd‘s nicht mehr – aber da musst du hin und dann musst du kneten. Das geht ja weiter: Die kriegen die Wohnung, die wird vom Staat bezahlt.
Kathrin: Ramelow hat sich ja, und das unterstelle ich ihm jetzt positiv, wahrscheinlich in den letzten Jahren, ganz doll bemüht, das alles zu managen. Aber er alleine kann es ja nicht. Er hat ja dann Minister, Staatssekretäre und was weiß ich, den ganzen Apparat. Aber der Apparat scheint das nicht hingekriegt zu haben…
Aber ich stelle mir vor, wenn ich in verantwortlicher Position bin und ich organisiere in dem Haus, dass wir hier Menschen zum Schutze aufnehmen. Irgendwann denkst du: »Okay, jetzt haben wir hier genug.«. Aber dann stehen sie vor der Tür und sagen: »Jetzt müssen Sie aber nochmal zwei aufnehmen.« Und dann kommen sie nächste Woche und sagen: »Jetzt müsst Ihr aber nochmal zwei aufnehmen. Das ist so geregelt, weil da drüben die Nachbarn, die müssen das auch machen. Diese Regeln gelten für alle. Die sind von der Stadtverwaltung festgelegt worden.« Und da möchte ich nicht in der Position sein, wie ich mich dann verhalte. Obwohl ich selber alles probiere. Ich habe ja fremde Menschen in meiner Wohnung aufgenommen, habe alles gemacht und habe eigentlich genau das Gleiche auch gehabt. Und dann ist die eine Person, die ich aufnehme, die verhält sich völlig korrekt und es ist alles in Ordnung und die andere Person, die ich aufgenommen habe, die verhält sich wie ein Schwein, weißte so, das ist ja das. Solche und solche.
Wieland: Und wenn ich als Staat so und so viele Ausländer hier rein lass und mehr, wie eigentlich die EU verlangt, dann muss ich auch dafür sorgen, dass die ordentlich untergebracht sind. Nicht nur inner Turnhalle. Dass die die Schnauze voll haben, is ja wohl klar. Und fortmachen in die Städte.
Anita: Dass die dann och sehr gereizt sind, das ist halt dann och unter denen…
Yvonne: Naja, ganz ehrlich, wir würden auch nicht mit vielen Leuten inner Turnhalle unterbracht sein. Habt ihr die Verschläge gesehen in Hermsdorf?
Wieland: Furchtbar. Furchtbar.
Yvonne: Das ist ja nicht mal so groß wie hier und da waren zwei Doppelstockbetten drin.
Wieland: Oder in Suhl. Da tun die Leute zusammen aus verschiedenen Ländern, die sich überhaupt nicht verstehen. Dass es da zu Auseinandersetzungen kommt, das ist doch schon vorprogrammiert. Wie blöd ist denn so n Staat. Das ist doch überhaupt nicht durchorganisiert.
Elvira: Und och, dass die denen das Essen alles hinschmeißen. Hier der Hansi, der hat dortn immer saubergemacht, der hatn Kofferraum voll immer Toastbrot mitgebracht, weil die das ja gar nicht essen. Und immer frisches Toastbrot. Kartonweise.
Yvonne: Uns hat mal einer der Geflüchteten in Weimar 2015, ein Syrer gesagt: Er hat 10 Tage gern Toastbrot gegessen, aber es gab jeden Tag Toastbrot. Immer Toastbrot.
Anita: Das kann mer verstehen.
Elvira: Ja gut. Das weeß ich ja wieder nicht. Aber da müssen se ja auch mal ein bisschen schlau werden. Oder?
Anita: Ja. Naja, das Billigste vom Billigsten. Is ja nun mal so.
Elvira: Naja, aber eigentlich essen sie ja nur Weißbrot. Wenn du mal im Ausland bist, da kriegst du ja nur weißes Brot. (lacht) Da biste froh, wenn de mal ne dunkle Bemme erwischst.
Yvonne: Es gibt ja viele Deutsche, die sagen: Die Ukrainer sollen arbeiten. Es arbeiten ja nur 30 % von denen, die hier sind. Und in Polen ist das anders, ich glaube es sind 65 %. Bekommst du das mit, dass Deutsche darüber auch wütend sind?
S. (Junge Frau aus der Ukraine): Ja, manchmal sehe ich Videos von Politikern, AfD und so. Die eine AfD-Politikerin, ich finde, die ist manchmal zu aggressiv. Aber ich verstehe auch diese Seite, dass Leute keine Menschen in ihrem Land wollen, die einfach leben von dem Geld, was sie abgeben. Ich finde das auch richtig, dass die wütend sind manchmal. Und das ist wichtig, ja. Aber diese Aggression ist manchmal zu stark.
Yvonne: Hast du schon Aggressionen abbekommen?
S.: Nein, ich habe nur diese Videos gesehen.
Yvonne: Was glaubst du, was könnte denn helfen, dass mehr arbeiten?
S.: Ich glaube, Leute müssen mehr Sprache lernen und dann wird alles einfacher. Dann können sie sich besser integrieren und es wird überhaupt einfacher hier zu wohnen, auch diese Sachen mit den Behörden. Es ist alles einfacher mit Sprache.
Y: Aber du lernst ja super. Glaubst du, dass dir das besonders leichtfällt?
S.: Weil ich sehr viel auf Deutsch höre, kann ich in meine Sprache manche Wörter nehmen. Aber diese Grammatik! Es ist es für alle schwer.
Michael: Was heißt Wut? Die kommen hierher und kriegen alles in den Arsch geblasen oder so. Das sieht man ja. Wobei, wir hier auf den Dörfern kriegen es nicht ganz so mit, aber … Aber wenn man mal in Großstädten oder so ist, ja … Ich hab um Gottes Willen nichts gegen Ausländer, absolut nichts.
Lissy: Nein. Die kriegen was, die werden zu sehr unterstützt.
Michael: Wir sind auch sehr, sehr tolerant.
Lissy: Starthilfe ist alles gut und schön ja, aber irgendwo …
Michael: Aber irgendwo sagt man sich doch, hier unsereins muss bei jedem überall das Portmonnaie zücken und die kriegen – auf Deutsch gesagt – alles in den Arsch geblasen oder was weiß ich. Da kommt dann schon eine gewisse Wut auf. Oder Ärger, sagen wir mal. Handgreiflichkeiten, also das geht zu weit.
Lissy: Nee, das geht nicht. Das darf nicht sein.
Michael: Das geht definitiv zu weit. Und auch Beleidigungen, manche, die unter die Gürtellinie gehen. Man kann seine Meinung sagen, okay. Aber es muss akzeptabel sein.
Lissy: Aufm Konto muss Geld sein, wenn wir wohin kommen wollen. Wir müssen unsere Zukunft oder unser Haus selber kaufen, wir müssen uns darum kümmern, um jedes bisschen. Das müssen die hier in Deutschland nicht. Die kriegen alles gestellt! Wir müssen um jeden Cent kämpfen und gehen arbeiten und am Ende des Monats machst du das Portemonnaie auf: Huch, nichts mehr da.
Yvonne: Macht Euch das wütend?
Lissy: Das macht mich wütend, ja.
Martin: Die Menschen, die hier auf dem Dorf leben, haben keine Schnittmenge zu Ausländern. Null. Die kennen keinen einzigen. Schimpfen aber über die, ja. Und jetzt die Frage: »Warum sind diese Leute wütend?« Eigentlich gäbe es keinen Grund dazu. Wenn sie anerkennen würden, dass sie selber für ihr eigenes Schicksal verantwortlich sind. Aber sie bleiben lieber in der Verantwortungslosigkeit und suchen den Fehler im Außen. Das ist immer ganz einfach: Irgendwelche Menschen, die unter einem stehen, marginalisierte Gruppen, Geflüchtete, Alleinerziehende, Rentner, Bürgergeldempfänger, was es alles so gibt. Nach unten zu treten und nach oben zu buckeln. Und das machen sie ja. Das schafft die AfD auch sehr, sehr gut, die Leute dort abzuholen, wo sie stehen.
Thomas: Wir haben gar keine Wohnungen für die eigenen Leute. Aber es kommen immer mehr. Es sagt keener: »Es reicht! Wir müssen erst mal die Leute, die da sind, verteilen, integrieren.« Was wir sowieso nicht hinkriegen. Das haben wir seit 15 Jahren schon nicht hinkriegt. Das haben die Wessis nicht hinkriegt. Das kriegen wir ja schon gleich gar nicht hin.
Dorothee: Sie reden ja immer davon: Nachzug. Und es sollen so und so viele kommen. Wir brauchen die Arbeitskräfte. Gleichzeitig wird immer wieder gesagt, wir haben gar nicht genügend Wohnungen. Weder für die eigenen Leute noch für den Zuzug. Dann muss man sagen: »So, jetzt ist Stop.« Bis jetzt können wir die alle unterbringen. Dann muss man erst mal wieder bauen. Dann erst können wir wieder jemanden aufnehmen. Aber doch nicht: »Kommt alle, kommt alle.« Und die Leute wissen nicht wohin. Finden keine Wohnung, die Mietpreise gehen in die Höhe. Die können sich keine Wohnung mehr leisten. Selbst mit ihrer eigenen Arbeit können sie das nicht. Das ist ein System, das nicht funktionieren kann.
Ingrid: Ich habe zum Beispiel mit dieser Asylpolitik überhaupt kein Problem. Ich habe nur damit ein Problem, dass man, wenn jetzt welche rüberkommen, prinzipiell sagt: »Das sind alles Gutmenschen.« Das sind nicht alles Gutmenschen. Da sind Hunderte und Tausende dabei, die kommen nur, um irgendwas Böses zu erreichen. Ob mit Gewalt oder mit Hinterlist, oder was weiß ich. Diese Einstellung, diese naive Einstellung … Ich kann mich erinnern: Als es 2013 langsam losging und 2015 dieser große Schub mit diesen Asylbewerbern war, und die Syrer, und ich weiß nicht, wo die überall hergekommen sind, den Lothar de Maiziere haben sie damals gefragt – das höre ich heute noch –, ob da nicht auch welche hier rüberkommen, um irgendwie was Böses zu erreichen. Da hat er ehrlich geantwortet, dass wahrscheinlich unter diesen vielen Asylbewerbern auch welche sind, die mit solchen Gedanken hierherkommen und Unfrieden stiften wollen. Und was haben sie gemacht? Sie hätten ihn am liebsten gleich abgesetzt: So kann man nicht sprechen! Die armen Asylbewerber! Und und und. Mir tun die Menschen leid, die in diesen Lagern campieren müssen, weil sie zu Hause nichts mehr haben. Aber eine ehrliche Antwort, die fällt einem auf die Füße. So was kann man doch nicht machen!
Wieland: Dein Leben lang zahlst du da ein, ne und du beziehst da drauf dann auch Geld. Aber es gibt ja Leute, die haben nie was eingezahlt und ziehen aus den Kassen Geld. Und das ist och, was uns Frust macht.
Anita: Das ist das, was mich sehr ärgert.
Wieland: Es geht ungerecht zu, hier in dem Staat. Das ist das. Wir haben nüschd dagegen, wenn die hierher kommen und sind geflüchtet und haben hier Unterkunft gekriegt und Essen. Da hat keener was dagegen.
Anita: Na gut, wenn jetzt Geflüchtete kommen mit kleenen Kindern und Frauen, das ist immer noch was anderes.
Wieland: Aber es gibt genug andere.
Anita: Aber von den Geflüchteten kommen ja, man muss das wirklich mal beobachten, kommen ganz viele Männer. Da frag ich mich manchmal, die Männer kommen hierher, ja in Scharen sag ich mal, und die Familien lassen die zuhause!? Wo so n Krieg ist oder was weeß ich. Hallo! Da würde ich doch als Mann dort bleiben. Da versuchen, was zu …, na wie sagt mer, dass ich meine Familie dort beschütze. Die beschützen ja ihre Familie nicht.
Wieland: Die wolln se nachholen.
Anita: Ja. Aber die kommen von heute auf morgen och nich gleich nach. … Das hat hier nicht mit Rechten zu tun, ich hab selber … in der Familie hab ich zwei Mischlingskinder und das hat damit nüschd zu tun. Mir geht’s halt wirklich nur darum, dass die Männer hierher kommen alle. Die lassen ihre Familien, Frauen zuhause. Und Kinder. Ganz schlimm.
Yvonne: Und wenn jetzt Geflüchtete hier nach Meusebach kommen würden? Hätten die es schwer?
Elvira: Bestimmt!
Anita: Ach, das glaube ich nicht. Das kann ich jetzt nicht sagen.
Elvira: Doch, ich denk schon.
Wieland: Es kommt drauf an, wie sie sich verhalten. Wie sie sich integrieren.
Anita: Genau. Also …
Wieland: Solche Dinger, wie in der Stadt könnten se hier nich loslassen. Dass se Leute angehen.
Elvira: Nach Meusebach kommen se schon nich, wegen Handy. Weil es nich geht. (Alle lachen) Da ham wirs ja schon mal günstig.
Anita: Und nach Meusebach kommt auch wirklich … Die kommen nicht in die Dörfer. Die wollen ja alle in die Städte.
Elvira: Die wollen ja was erleben. Was issn hier los?
Anonym: Ich sehe keine Möglichkeit. Ich sehe keine Möglichkeit. Weil viele Sachen so was von im Sand verlaufen. Die Justiz funktioniert nicht, weil die Richter fehlen. Es kommt nichts Junges hinterher, die was bewegen. Und ja, ich weiß nicht, was mit Deutschland werden soll. Das macht einem schon Angst. Dass das alles vorn Baum geht. Ich bin froh, dass ich hier auf dem Land lebe. Ich muss zwar ein Auto haben, jeder muss ein Auto haben. Und man muss gewisse Wege in Kauf nehmen und so. Aber es ist hier noch ruhiger. Dass wir nicht in unseren Ort Migranten kriegen, wie man von anderen Orten schon mal gehört hat, die den Laden aufmischen oder nachts umher machen, hier alles verwüsten und so was, was man sich wirklich durch jahrelange Arbeit aufgebaut hat und in Ordnung hält. Das ist in kleineren Orten woanders schon passiert. Man unterhält sich ja auch darüber. Das dürfte eigentlich nicht zugelassen werden. Dann sollen die dahin gehen, wo sie Unfrieden machen können. Oder die sollen sie so in eine Wüste schicken, das ist mir auch scheißegal. Manchmal kriegt man so eine Einstellung. Oder wer jemanden umbringt, nicht einfach inne Psychiatrie, so wird das da abgestempelt. Dann solln sie die wirklich nach Sibirien schicken. Solln sie Steine klopfen. Ganz einfach. Wer sowas vollbringt und jemanden tötet, der soll auch dafür bestraft werden. Das ist alles zu lasch einfach. Diejenigen, die wirklich was tun, die was bewegen wollen, das sind die Leidtragenden, die dann verletzt werden oder vielleicht getötet werden. Ja, ich glaube es reicht.
Yvonne: Habt ihr mit dem Thema Migration zu tun, bei euch an der Schule?
Friederike: Ja, wir sind die total integrierte, das integrierteste Gymnasium mit, was weiß ich, 25 Nationalitäten. Völlig, wo die immer sagen, fast unproblematisch, fast geräuschlos, leben wir Integration. Hochintegrative Schule, so oder wie man so was nennt. Ja, wir sind die Migrantenschule, kann man so sagen. Wir haben Muslime, wir haben alles. Und völlig selbstverständlich, und die gehen auch miteinander alle friedlich, freundlich um. Und das funktioniert reibungslos! Also wirklich reibungslos. Das ist gar nicht das Thema, ne. Also es wird auch nicht zum Thema gemacht, weil es einfach ist, wie es ist. Und Kinder und Jugendliche sind da unproblematisch. Wir sind auch Lobeda West, wir sind halt ein nicht so ganz einfacher Stadtteil. Aber Dreiviertel haben wir aus der Stadt, Bildungsbürgertum. Aber wir haben auch die Ghetto-, die Betonkids, und die sind bei uns auch im Gymnasium. Das ist gut. Ganz ganz viele Migrationskontext-Kinder, -Jugendliche. Und das ist eine total gute, gesunde Mischung. Das ist gut, wirklich gut. Also das gefällt mir wirklich gut an der Schule. Höfliche Muslimas, die sind so gut und so diszipliniert, das ist so sehr, sehr beeindruckend. Die kommen aus guten Familien, meistens.
Thomas: Da habe ich ganz andere Probleme. Sicherlich, natürlich sind die Straßen hier bei uns katastrophal, weil wir kein Geld haben. Warum haben wir kein Geld? Weil wahrscheinlich andere Sachen wichtiger sind. Weil das kleine Deutschland wahrscheinlich die ganze Welt retten muss, außer sich mal um ihre eigenen Leute zu kümmern. Zum Beispiel.
Dorothee: So kannst du es doch wieder nicht sagen.
Thomas: Na doch, ist so. Warum zum Beispiel ist das Obdachlosenheim erst ab 16 Uhr geöffnet und das Flüchtlingsheim rund um die Uhr? Die können kommen, wenn sie wollen. Unsere Einheimischen – warum sie auch dorthin geraten sind, weiß ich nicht – die warten bis 16 Uhr, bis sie reinkommen. Und müssen frühs wieder raus. Warum ist dafür Geld da oder Leute, die sich darum kümmern? Zum Beispiel oben die Rentner. Warum kümmert sich keener um unsere Rentner? Ich habe erst heute wieder im Radio gehört, dass sie zur Tafel gehen müssen. Viele, es werden immer mehr.
Dorothee: Also, ich sehe es ja auch.
Thomas: Warum ist das so? Warum bin ich nach 45 Jahren Arbeit auf derselben Etage oder in demselben Level wie sie, Bürgergeldempfänger? Irgendwann komme ich dort hin.
Katrin: Es gibt viel, was mich wütend macht in der jetzigen Zeit. Der ganze Rassismus überall. Der Alltagsrassismus, der so verbreitet ist. Auch bei mir auf Arbeit. Der Antiziganismus. Das macht mich alles total wütend. Ich bin Krankenschwester in der Praxis. Da ist das gang und gäbe. Die Leute dort wissen eigentlich alle, wie ich unterwegs bin. Ich nehms dann halt oft sehr persönlich. Das macht mich ja so angreifbar. Weil sie ganz genau wissen, dass ich reagiere.
Anonym: Es gibt bestimmt auch gute Politiker, auch in der AfD. Zum Beispiel, wenn ich den Chrupalla sehe. Ob das alles immer so ehrlich ist, weiß ich nicht. Aber den kannst du anhören. Die Sachen, die er anspricht, die kann ich mitnehmen. Ich arbeite in Hermsdorf. Da ist ein großes Auffanglager, das ist manchmal mit 500 Leuten besetzt. Das sind alles so junge Leute, die teilweise auch keine Hilfe bräuchten. Und die sind trotzdem alle da. Klar, was sollen die machen, die jungen Kerle? Die rammeln da rum, keine Matrosen, keine Frauen … Aber da fragt man sich dann manchmal auch. Die Leute, die da arbeiten, die laufen vorbei mit dem Handy, die freuen sich, da denkste immer: Arbeiten werden sie nicht. Die kommen zur Abschiebung, dann sind 50-60 % nicht da. Die sind weg, die sind spurlos weg. Das sind so Sachen …
Mann aus dem Ausländerbeirat: Ich bin hier seit den 1990ern. Und ich sage mal: »Die 90er kommen wieder.« Diese klare Haltung gegen Migrantinnen auf der Straße ist schon sichtbar und auch direkter und deutlicher geworden. Das sind Sachen, die ich nur in den 90ern erlebt habe. Rassismus war immer da, Diskriminierung war immer da. Aber dass man das auch direkt und deutlich auch auf der Straße erlebt, das war in den letzten 15 bis 20 Jahren weniger sichtbar.
Carl-Josef: Ja, sie ist ein bisschen vorbelastet. Ihr Vater war im KZ.
Christina: Der war im KZ.
Carl-Josef: Deswegen hat sie ein bissel was gegen die AfD.
Christina: Ja ja. Der kann machen, was er will. Ich wähl die nicht.
Carl-Josef: Sonst würde sie wohl auch ein bisschen anders wählen.
Christina: Weil der Höcke ist mir total unsympathisch.
Carl-Josef: Aber sie hat es noch so im Hinterkopf.
Christina: Der ist mir echt unsympathisch. Der ist im Westen groß geworden. Kommt hierher und macht solche Parolen. In Heiligenstadt ist ja sein Büro. Also ich gehe nun öfters nach Heiligenstadt, auch Eis essen und einkaufen. Ist ja ein hübscher Mann, alles okay. Aber die ganze Einstellung. Er hat zwar recht mit dem Ganzen. In so manchen Punkten hat er ja recht.
Carl-Josef: Ja, und mit der ganzen Ausländergeschichte, das ist die nächste Sache.
Christina: Ja.
Carl-Josef: Wir haben ja nichts gegen Ausländer gehabt, auch in der DDR.
Christina: Nein, haben wir nie gehabt.
Carl-Josef: Die waren fünf Jahre hier, dann sind sie wieder nach Hause.
Christina: Das waren die Vietnamesen und die Kubaner.
Carl-Josef: Dann sind die Nächsten gekommen, neu gekommen. Das hast du nie gesehen, dass die Theater gemacht haben. Nie! Aber was ist jetzt hier los ist mit den Messerstechereien und und. Das ist doch nicht mehr normal.
Christina: Das kennen wir eigentlich nicht. Ja, genau. Wir haben diskutiert, sind aber nie böse zueinander gewesen. Ich bin sowieso ein Mensch, der nie böse ist. Weil ich immer an das Gute des Menschen geglaubt habe. Aber was jetzt los ist mit den Messerstechereien. Wir sind früher …
Carl-Josef: Ja, wenn sich da nichts ändert …
Christina: Da muss ich was ändern.
Carl-Josef: … gibt’s irgendwann mal Bürgerkrieg.
Christina: Ja ja.
Carl-Josef: Die Deutschen lassen sich das auch nicht ewig gefallen. Wir sperren uns ein …
Christina: Genau.
Carl-Joseph: … und die machen Theater nachts auf der Straße.
Christina: Genau.
Carl-Josef: Ich habe ne Bekannte in Heiligenstadt, die sagt, um 9 Uhr abends gehts auf der Wilhelmstraße rund. Da traut sich keiner mehr raus. Sie sagt, das ist eine Katastrophe, die wohnt direkt da. Ja, das ist ganz schlimm. Und hier Geld, Geldbündel, die handeln da und machen. Die schmeißen mit Kohle umher. Da träumen wir vonne.
Kathrin: Wenn die Leute sagen: »Die Flüchtlinge bekommen alles!«, frage ich: »Wo fehlt’s dir?« Da gibt’s keine Antwort. »Wo konkret fehlt’s dir? Wo nimmt konkret dir ein Geflüchteter was weg?« Da gibt’s keine Antwort drauf. Manchmal denke ich, die wissen gar nicht, was sie sagen.
Anonym: Wenn du es andersrum siehst, die ganzen Asylanten, die jetzt hier rumlaufen. Die machen gar nüscht und kriegen alles. Ich habe Bekannte in Frankenhausen, da gehe ich abends nicht mehr auf die Straße. Ist ja alles voll von dem Zeuch. Und dann die ganzen Messerstechereien in letzter Zeit. In Frankenhausen auch nen Toten. Dem Polizisten ham sie in n Kopp jeschlagen. Auch erst vor kurzem. Da ist nichts in den Nachrichten. Die Verheimlichung immer und die Verarschung, das Volk zu verarschen wollen. Von allen da oben.
K: Oder jetzt in Plauen, hat ein ukrainisches Restaurant eröffnet und so, und ich dachte: Oh schön, da können wir mal Essen gehen, so, das ist direkt in dem Gebäude unten und so, und da wurde dann gezischelt, die sollen nach Hause gehen und ihr Land aufbauen. Das ist ein Ding, ich denke, oh mein Gott, das ist so so …
Stefan: Gabs das aus Ihrer Erfahrung schon vor 2015?
K: Nicht in diesem Maße, nee. Also es ging eigentlich mit Köln so richtig los. Also, das hat eigentlich alles dann irgendwie umgedreht, das hat dann so so ein …, das ist alles gekippt eigentlich, glaube ich.
Stefan: Das ist auch mein Gefühl, dass Köln ziemlich was verändert hat.
K: Das war kein Einzelner, ich will es ja gar nicht leugnen, aber das …, ich meine, das kann man ja nicht auf alle übertragen. Das ist eigentlich so der Kipppunkt in dem Moment gewesen. Vorher hatten wir toleriert, also die ganzen Russlanddeutschen. Ich meine, es gibt schon immer Rassismus hier, also die Polen, die klauen und so was. Gibt es schon immer. Aber nie, dass das so hoffähig war, wie jetzt, dass die Leute das einfach herausschreien und so. Also geben tuts das schon immer. Aber es werden jetzt mittlerweile total Grenzen überschritten, ja, rote Linien, die werden ja alle weit überschritten, finde ich.
Thomas: Es ist ja auch zu, ich sag mal, Dingen, Szenen gekommen, die die Leute mit normalem Rechtsempfinden einfach stört. Im Freibad darf keiner pöbeln, ob der nun Deutscher ist oder Syrer oder was immer, wo er herkommt. Aber die erwarten, dass dann einer einschreitet. Dann sind die einen, die überdramatisieren: »Berlin ist überall.« Ist genauso Quatsch wie: »Es passiert gar nichts.« Das merkt man ja bis heute. Und ja, es gibt Leute, die die Medien nutzen in beide Richtungen, um diese Übertreibung zu machen. Da wird ja auch gelogen, dass die Balken sich biegen, wenn man sich diese TikTok, Telegram und sonst welchen Kram anschaut. Das ist frei von Fakten. Das gilt auf der rechtsextremen Seite. Das gilt aber auch für Frau Wagenknecht, die vor zehn Tagen bei Frau Illner in der Sendung einfach Zahlen runterhaut, die mit zwei Klicks als unwahr entlarvt sind.
Lothar: Wenn sie heute ne andere Meinung haben, obwohl Meinungsfreiheit ja garantiert ist laut Verfassung, werden sie sofort in ene Ecke gestellt, wo manche sagen: »Das möchte ich eigentlich gar nicht.« Die meisten Leute, die die AfD wählen, die glauben, dass sich was ändern MUSS. Und das hat jetzt mit weltanschaulichen Problemen gar nichts zu tun. Wenn die wirklich mal was zu sagen hätten, müsste die AfD sowieso die Hälfte streichen. Denn das geht ja nicht. Ich werd nicht heute gewählt und sitze mit 24 Abgeordneten im Bundestag und übermorgen hab ich alle rausgeschmissen, die mir nicht gefallen. So geht das ja nicht. Ich bin der Überzeugung, selbst wenn eine AfD in Landtag oder in Bundestag mit einer entsprechenden Stimmenanzahl kommt, dass die sehr viele Zugeständnisse machen müsste. Ganz einfach, weil es Zeit braucht. Und wenn die AfD-Wähler merken, dass nicht innerhalb von sechs Wochen Wohnungen frei werden, die sonst Asylanten haben oder die Ukrainer ihre Autos weggenommen kriegen, dann ändert sich auch die Stimmung gegenüber der AfD.
Martin: Die Verantwortungen sind da. Aber niemand möchte sie sich annehmen. Lieber wird Symbolpolitik gemacht. Wie zum Beispiel der Herr Herrgott, der jetzt hier Landrat geworden ist, Migranten für 80 Cent in den Unterkünften arbeiten lässt, wo ich mich frage: Welches gesellschaftliche Problem löst er denn damit? Welches genau? Rente, Bildung, Verteuerung, Inflation, welches? Keins.
Stefan: Sein Argument ist auch: Damit schafft man Akzeptanz in der Bevölkerung.
Martin: Ach, was für ein Gelaber. Er löst kein gesellschaftliches Problem. Das ist das Ding, das ist reine Symbolpolitik für das rechte Klientel, was er ja braucht, um an der Macht zu bleiben, weil sonst die AfD ihm das Wasser abgräbt.
Ingrid: Ja, ich finde das, was der Landrat bei uns gemacht hat absolut in Ordnung. Ich bin auch der Meinung, dass ein Großteil der Asylbewerber lieber sich betätigen möchte, als den ganzen Tag rumzuhängen und rumzugammeln. Ich bin der Meinung, dass es genug gibt, die wirklich geflohen sind aus diesen Kriegsgebieten, weil dort alles weggekommen ist oder weil sie verfolgt werden. Es gibt so viele Jugendliche, die nur stinkendfaul sind und rumhängen und auf unsere Kosten leben wollen. Ich bin alt, was will denn die Alte noch mit Geld? Die kann weg! So eine Einstellung, das ist so ein Mist! Ich meine, wir haben das geschaffen, was die heute sich leisten können. Ist doch so. Vielleicht liege ich auch verkehrt, ich weiß es nicht (lacht verlegen), ich habe keine Ahnung.
Christian Herrgott: Für die Dinge, die ich in den ersten 100 Tagen gemacht habe, habe ich sehr, sehr großen Zuspruch aus der Bevölkerung und aus meinem Landkreis bekommen. Das stärkt mich, das freut mich auch. Aber man wird nie 100 Prozent der Leute bekommen. Man wird nie alle hinter sich versammeln können, weil dafür einfach das Meinungsspektrum viel zu breit ist. Aber wenn diejenigen, die auch nicht der eigenen Meinung sind, sagen: »Ist jetzt nicht mein Ding«, aber grundsätzlich sehen, dass wir den Landkreis voranbringen, dann ist das ja eine positive Grundeinstellung.
Kathrin: Ich finde das eigentlich sehr enttäuschend. Herr Herrgott wollte Landrat werden und dann mit diesen 80-Cent-Arbeiten. Ich denke, einfach nach rechts zu rücken, führt zu keiner Akzeptanz. Gerade wiederum Gartenbaufirmen, die dann weniger Arbeit haben, weil die nehmen natürlich die für 80 Cent. Dann hat man ja wieder das Soziale wie damals mit den Ein-EURO-Jobbern. Bei mir in der Praxis kann man das nicht mit Argumenten machen. Da ist eine Grundhaltung, dass man da mit Argumenten wenig dagegen machen kann. Was Herrgott macht, glaube ich nicht, dass es hilft. Ich denke einfach, man kann dem nur auf der persönlichen Ebene begegnen. Wenn Leute Leute kennenlernen, wenn Leute eine Beziehung aufzubauen, nur so denke ich, kann man wirklich Rassismus begegnen.
Yvonne: Was halten Sie von den Maßnahmen, die Christian Herrgott umgesetzt hat?
S.: Für mich ist das der falsche Weg zur Integration. Die richtige Integration müsste besser laufen. Das läuft nicht richtig. Das lief hier übrigens noch nie richtig in Deutschland. Umsonst haben wir nicht die ganzen Türkenviertel. Weil die einfach nicht integriert werden. Weil die einfach nur zum Arbeiten kommen und alles andere will keiner wissen und keiner sehen. Ich denke, das hat noch nie so richtig funktioniert. Das funktioniert in anderen Ländern besser.
E.: Und wir mischen uns auch ganz schön durch, das muss man mal sagen. Ob das so gewollt ist, weiß ich nicht, aber muss ja wahrscheinlich. In vielen Kindergärten gibt es ja kaum noch jemand, der deutsch spricht. Das ist traurig eigentlich.
S.: Das ist eben auch so ein großes Problem in Schulen, dass das Personal dafür gar nicht da ist und gar nicht dafür ausgelegt ist, um solche Kinder überhaupt mitzunehmen. Und dann fallen zum Teil auch die deutschen Kinder hintenrunter, die vielleicht Probleme haben, weil der Lehrer sich vielleicht eigentlich um die ausländischen Kinder kümmern muss, weil die noch gar nicht richtig deutsch sprechen. Es gibt so viele Baustellen, die es schwer machen, sich darauf einzulassen und nicht auf contra zu gehen.
E.: Wenn ich das auf dem Markt manchmal sehe, Familien mit sechs, sieben Kindern. Wenn du die Eltern so siehst … Die werden nie arbeiten. Nie. Das ist so. Die Kinder wachsen auch schon so auf. Wenn die nicht mitgenommen werden, nicht integriert werden, dass sie groß werden und sagen: »Mir gefällt es hier in Deutschland, ich integriere mich hier und würde dann dementsprechend auch meinen Beitrag dazu leisten.« Da siehst du schon, dass es teilweise gar nicht funktioniert. Das ist dann wie so ein Armenviertel, das wird immer so bleiben. Die werden sich abkapseln, die werden irgendwo in ihren Häusern sein. Die kriegen Unterstützung, der Vermieter kriegt sein Geld vom Amt und dann leben die so in Deutschland. In Jena-Lobeda, in den großen Vierteln, da ist es zum Teil schon so … Nichts gegen die Menschen persönlich. Aber die haben sich schon abgekapselt.
S.: Wie gesagt, das ist schon immer so in Deutschland. Dass die einfach gebündelt irgendwo hingesteckt werden. Da kann keine Integration ablaufen.
Kathrin: Jetzt gerade in so Altenheimen, wo da wirklich Geflüchtete sind, also Afghanen und so. Die eigentlich abgeschoben werden hätten sollen. Und die dann einfach einen Ausbildungsvertrag gekriegt haben und bleiben konnten und so. Also ich kümmere mich um Geflüchtete seit 2015. Und ich habe auch schon vielen Afghanen …, aber am Anfang wollten die alle gleich abschieben. Ganz viel, da mit Rechtsanwälten und so. Mittlerweile haben die alle Fuß gefasst, die sind alle geblieben, teilweise durch die Thüringische Härtefallkommission. Und ja, ich war sehr froh, dass ich damals einfach, einfach um Zeit im Prinzip gekämpft habe. Und dann hat sich das eigentlich ganz gut jetzt mittlerweile … sind halt lang genug da, dass die Gesetze sich so geändert haben, dass sie mit Ausbildung bleiben können. Und dann eben diese Ausbildungsduldung haben und wenn sie dann eine Arbeit haben und so … Das geht allerdings ganz gut. Aber das kostet halt viel langen Atem.
Yvonne: Haben Sie das Gefühl, dass von staatlicher Seite Fortschritte gemacht wurden seit 2015?
B.: Ja, eigentlich so partiell teilweise, aber im Prinzip eigentlich nicht wirklich.
Yvonne: Und sehen Sie jetzt aktuell hier also in dem Landkreis irgendwelche Lösungsmöglichkeiten? Also wer kann was machen?
B.: Ich finde es eigentlich, da muss ich gerade so sagen, es ist ganz schwierig hier. Der Aufstieg der AfD in Thüringen, im Saale-Orla-Kreis ist das der Herr Thrum aus Herzberg, der ist eigentlich damals durch die Geflüchteten an die Oberfläche gekommen. 2015 kamen die nach Herzberg, da ist eine Gemeinschaftsunterkunft, da wollte ich dann ein Willkommensfest machen, da hat er Leute zusammengebracht, die sich dagegen gewendet haben. Und dann nach und nach ist er bekannt geworden. Der ist zum Glück nicht gewählt worden als Landrat.
Yvonne: Und es gibt ja die große Debatte, dass wir ja sehr viele Zuwanderung haben. Wäre das eine Möglichkeit, dass ihr die mit zu euch holt?
Thomas: Auf jeden Fall. Aber ich bin auch der Meinung, der Chef muss keinen Leuten hinterherlaufen. Die Leute können sich ja bei uns vorstellen. Die wollen ja, sag ich mal, arbeiten. Und da ist unser Problem wieder mit unserem Wasserkopf. Kann nicht sein, dass einer, sag ich mal, der hierherkommt, ’n Flüchtling, finde ich, dass der zwei Jahre nicht hier arbeiten darf, wegen, weil wir das mit, sag’ ich mal, nicht hinkriegen, den zu digitalisieren oder … Ich würde von jedem, der hier reinkommt, sowieso von allen Deutschen, mal versuchen hier Fingerabdrücke, Blutproben, egal was ist, wenn irgendwas ist, dass man einfach nachvollziehen kann, wer was losgelassen hat, hat man doch schon mal eine ganz andere Handhabe, wenn man weiß, wen man sucht. Dann hätte vielleicht unsere Polizei auch mal wieder was zu reißen.
Anonym: Und es ist ja auch so. Sind ja genug gekommen. Ich habe in einer Firma gearbeitet, deren Hauptsitz war in München. Wir haben Asylunterkünfte mit alten Kasernen ausgebaut, und Container aufgestellt, wo die sich aufhalten konnten. Da gab es genug von Asylbewerbern, die sich in drei, vier verschiedenen Städten immer wieder neu angemeldet haben, weil die vielen, die da kamen, die konnten sich ja nicht unterscheiden. Für mich sehen die sich alle ähnlich. … Das hat mit Kriegsflucht nichts zu tun. Diese Unterschiede, die einfach nicht gemacht werden! Jetzt sind sie schon dahintergekommen, dass sie vielleicht ein bissel besser nachgucken, wer kommt, und wer wird angemeldet und so. Und immer diese Schürerei! Die Ukrainer kommen hierher, die kriegen unser Geld, und die können beim Friseur 400 Euro ausgeben, und brauchen es nicht bezahlen. Die ganzen Asylbewerber leben auf unsere Kosten. Da ist sicherlich was dran. Aber das müsste man vielleicht anders regeln können. So solche Sachen beschäftigen mich ungemein. Das ist Wahnsinn.
Diethold: Es ist natürlich auch so, dass sich die Gesellschaft insgesamt verändert hat durch die ganzen Kriege, warum die auch immer entstanden sind. Deutschland ist ja großzügig als Staat in der Unterstützung im Sozialbereich, das dann auch immer wieder Missgunst entsteht. Und die Leute teilweise vergessen, was wir für eine Geschichte haben und dass ein Großteil der Bürger heute hier in diesem Land letztendlich auch aus Flüchtlingskontingenten besteht. Also wenn ich meine eigene Geschichte nehme, meine Familie sind Sudeten-Deutsche, die waren bis in die 80er Habenichtse, Flüchtlinge, Fremde. Kann man in die Kommune gehen, kann man in die Dörfer gehen. Das kriegst du bis heute noch: Ja ja, das sind Zugezogene aus … Und das vergessen die Leute, dass viele wirklich aus Not kommen. Und wenn dann die Menschen zum Beispiel n Arzttermin kriegen oder mit ihren großen Autos kommen aus der Ukraine, wo keiner weiß, wo kommen die Autos her, sind die vielleicht Altbestände. Oder wenn moderne Handys auftauchen, dann kommt das Gefühl: Äh und ich?
Anonym: Meinen Kindern wurde der Lehrer für den Förderunterricht gestrichen, der ist zu den Geflüchteten gegangen. Dafür ist Geld da. Warum sind die Ukrainer nicht in ihrem Land und kämpfen dort und bauen auf? Wir gehen hier für die arbeiten.
Anonym (Mitglied im Ausländerbeirat): Wir leben in einem Land, in dem jetzt Migration oder dieses Thema mit Geflüchteten als Last, als negativ betrachtet wird. Und deswegen müssen wir damit umgehen können.
Yvonne: Erlebst du in deinem täglichen Leben Diskriminierung?
Anonym: 100 Prozent, egal ob es im Zug oder auf der Haltstelle oder im Supermarkt ist. Da kommen auf alle Fälle rassistische Äußerungen oder Blicke. Und das tut auch weh. Aber in dem Fall halte ich mich nicht zurück. Weil Rassismus muss auch so benannt und angesprochen werden. Es ist anders als die Politik, wenn man Wünsche oder Bedarf äußert. Das ist was anders, als wenn man Rassismus oder Diskriminierung erfährt. Das sind dann meine Folgen, wenn ich etwas sage, wenn ich mich äußere, da sind die Folgen nur auf mich bezogen.
Yvonne: Würdest du sagen, dass man Mut dafür braucht?
Anonym: Mut. Ja, natürlich, da braucht man Mut, braucht auch Empowerment, braucht man Stärke, dass man auch sich äußern kann, auch argumentieren kann, wie man sich fühlt. Gerade, wenn es um eine Sprachbarriere geht. Deswegen verstehe ich auch die Menschen, die die deutsche Sprache noch nicht so gut können, dass sie sich nicht dagegen äußern können. Deswegen schlucken sie ja auch vieles rein.
Yvonne: Und empfindest du, dass der Rassismus stärker geworden ist?
Anonym: Ist es auf alle Fälle stärker geworden. Und sichtbarer. Und ich möchte behaupten, in vielen Fällen auch legitimer geworden. Die Leute wissen schon, dass sie rassistische Äußerungen machen. Aber trotzdem machen sie das, weil die Politik keine Konsequenzen zieht.
Yvonne: Hast du Angst, wenn du hierbleibst, also wenn du auf diese kommende Wahl schaust?
Anonym: Angst und Sorge sind ja da. Nicht nur seit den Kommunalwahlen. Die Umfragen sind deutlich und klar, dass die rechten Parteien an mehr Verständnis gewinnen. Angst ist auf alle Fälle da. Nicht nur Angst um mich selber, sondern auch um die Familie.
Yvonne: Wie geht deine Familie damit um?
Anonym: Meine Kinder habe ich so gestärkt, dass sie sich äußern können, dass sie sich wehren können. Ich habe eine deutsche Frau, sie ist dann wütend und lässt sie auch ihre Wut raus. Aber trotzdem: Wie kommt das an? Bei wem kommt das an? und wird dann auch Konsequenzen gezogen oder nicht? Das sind die Fragen. Leider passiert da noch nicht viel.