Yvonne: Was sollen wir jetzt machen, damit wir nicht wütend sind?

Dame 1: Tja, schön in die Sonne gehen.

Yvonne: Ich vertrage keine Sonne mehr.

Dame 1: Dann einen schönen Hut, einen Strohhut, schöne Mütze oder schönen Hut.

Dame 2: Wir trinken jetzt ein schönes Glas Wein oder ein Bier. Und wenn Sie wollen, können Sie das ja auch machen.

Yvonne: Nee, wir machen ja gerade dieses Kunstprojekt und fragen Leute, ob sie wütend sind.

Dame 2: Nee, wir nicht. Wir genießen jetzt.


Marco: Ich muss um elf zu meiner Mutter. Eine Vorladung zum Mittagessen.

Yvonne: Eine Vorladung! … Bist du aus Pößneck?

Marco: Ja, ja. Pöbelneck. Meine Damen und Herren, lieber Pöbel.


Lucie: Ich glaube, tatsächlich ist es unsere Aufgabe, den Leuten so eine Leichtigkeit zu geben im Leben. Wir sind ja dazu da, um Fröhlichkeit und Leichtigkeit und mal ’ne Heiterkeit und Farbe ins Leben zu bringen. Und das schätzen die Leute sehr. Man merkt das auch im Moment, dass sie das brauchen. Die saugen das total auf, nur weil du mal irgendwie in gelb-rot-grün angezogen ankommst und die anlachst. Ich finde, das hat zugenommen, so dieses: »Och, toll, da lacht mich mal jemand an.« Ja, und deswegen, soll es auch so bleiben. Das ist auch, eigentlich alles, was wir machen, so unser Ansinnen: Fröhlichkeit.


Yvonne: Gibt es etwas, was Sie wütend macht?

Anonym: Nee, ich bin zufrieden. (lacht) Ich bin zufrieden mit meiner Situation. Es geht also noch. Ja, so isses.

Yvonne: Und außer den Ostfriesen hat Sie nichts wütend gemacht?

Anonym: (lacht) Eigentlich nicht. Ich bin da, wie sagt man, ein bisschen abgebrüht. Wenn man sich über jede Sache aufregen will … Ich war meistens Raupenfahrer. Da bist du den ganzen Tag, elf Stunden allein auf der Arbeit. Da kannste dich mit keinem rumärgern. Nur mit dir selber.

Yvonne: Aber das heißt, es ist eigentlich eine gute Möglichkeit, wenn man wütend ist, alleine mit sich Zeit zu verbringen?

Anonym: Ja. Ich glaube, das ist das Beste. Ehe man die anderen noch – wie sagt man – belästigen tut oder … Da ist das Beste, man machts alleine. Im Notfall krippt ma sich in n Finger. (lacht) Isso.


Dörte: Ich werde sehr selten wütend. Also, da muss es schon dick kommen.



M.: Ich bin ein Typ, der sagt, man muss auch für sein Leben selber was tun. Und nicht immer nur auf andere gucken: »Was hat der, was hat der und ich hab das nicht. Und jetzt bin ich aber wütend, weil ich das nicht habe.« Das geht nicht! Das geht in dieser Gesellschaft nicht. Das war früher mal so. Das kennen Sie vielleicht gar nicht.

Yvonne: Doch, doch, doch. Ich bin auch in der DDR aufgewachsen, bis ich 20 war.

M.: Das war dann schon ein bisschen anders. Da konntest du nur mit anderen Sachen was werden. Aber hier, jetzt ist es ja so, du musst im Prinzip eigene Initiativen ergreifen, dass es dir gut geht. Und wenn du das gemacht hast, hast du gar nicht so viel Zeit, dich mit allen Sachen auseinanderzusetzen, um wütend zu sein. Weil: Du musst auf deiner Sache aufbauen.


Anne: Man kann ja nicht immer nur wütend sein. Leute, die immer wütend sind, die kriegen dann irgendeine Scheißkrankheit oder sowas. Und werden an ihrer eigenen Wut zugrunde gehen.


G.: Ja, ich habe meine Probleme, weil ich hier alleine meine Frau betreue. Die ist nämlich jetzt zuhause und liegt im Bett und liegt, naja, so ist das eben.

Yvonne: Haben Sie Hilfe bei der Betreuung ihrer Frau?

G.: Ich möchte hier keine Hilfe haben, aus dem einfachen Grunde, wenn ich das alles selbstständig machen kann, bin ich zufrieden. So. Ich habe alles hier: Sparkasse, Einkaufszentrum und dergleichen, das mache ich. Und meine Frau, die bekommt heute Nachmittag Besuch, die hat nämlich ihren 89sten Geburtstag.

Yvonne: Darf ich fragen, wie alt Sie sind?

G.: Wieso?

Yvonne: Na Sie sehen nicht aus wie 89.

G.: Ich bin etwas jünger. Ich bin 86. (beide lachen) Ja, so ist das.

Yvonne: Gibt es etwas, was Sie wütend macht?

G.: Nee, ich bin zufrieden. (lacht) Ich bin zufrieden mit meiner Situation. Es geht also noch. Ja, so isses.


Stephanie: Also so auf Wut darauf rumzukauen und das so in sich reinzufressen, ist nicht meins.


Karin: Wenn es in der Schule mal Konfliktparteien gab zwischen zweien, dass man auch gesagt hat: »Erst spricht der eine, dann der andere und ihr fallt euch prinzipiell nicht ins Wort. Ihr wartet. Und dann könnt ihr eure Position miteinander austauschen.« Eigentlich gibt es da fast immer eine gute Lösung, muss ich sagen. Ich bin damit sehr gut gefahren. Ich hatte also nie Wut auf Schüler. Wir waren eigentlich nett.

Stefan: Und wenn Schüler Wut auf Sie hatten? 

Karin: Das habe ich in der Form nicht erlebt. Ich habe auch nie einen richtig schweren Konflikt mit Eltern gehabt. Es gibt mal zu sehr beschützende Muttis. Das ist meistens ein bisschen gluckenhaft. Aber wenn man mit denen friedlich redet und die Dinge erklärt, dann ja …, also, das funktioniert ganz gut. Ich habe keinerlei Frustgefühle gegenüber meiner Berufstätigkeit. Null. Es war eigentlich schön, mehrheitlich. Und man sieht es ja auch, wenn man wieder welchen begegnet, es halten so viele an und richten Grüße aus. Und die einen gar nicht mögen, na die machen doch einen Bogen. Das gehört doch auch dazu.


Kathrin: Also, ich ärgere mich. Das ist die Vorform. Ich bin selten richtig wütend. Da müsste ich nochmal in die Tiefe gehen und wirklich überlegen, was macht mich richtig wütend. Ich würde sagen, richtig wütend wäre ich, wenn ich das Bedürfnis habe, auf eine Couch zu hauen oder so. Das wäre vielleicht richtig wütend. Aber das habe ich selten, da kann ich mich kaum noch erinnern. Das war vielleicht in privaten, ganz privaten intimen Kontexten so, dass ich mal so wütend bin. Aber so im Alltag ist es eher dieses: Ich ärgere mich drüber. So. Und dann werde ich vielleicht in einem politischen Gespräch vielleicht mal ein bisschen lauter. Dann sagt die andere Person: »Rede mal ein bisschen leiser.« Daran macht sich meine Erregung fest. Aber ich weiß nicht, ob das die Wut ist, die Menschen haben, die gerade als Wutbürger, Wutbürgerinnen durch die Gegend rennen. Die in dem Internet Dinge schreiben, die mit mir überhaupt nichts zu tun haben. Diese Wut, Hass und Hetze ist alles eins. Das ist alles ein Brei, das geht alles einanderüber, das kann überhaupt nicht mehr gemanagt werden.


Yvonne: Es ist ja sehr schön bei Euch. Wir haben einen Schirm, es gibt zu essen, zu trinken, Ihr seid nett zu uns und macht nebenbei noch das Wahlbüro.

Udo: Ja. Wir machen halt das, was möglich ist. Wir machen es uns halt so angenehm, wie… Ein ganzer Tag wird ja langweilig, wenn du den Tag nicht ein bisschen schön machst. Aber es gehören natürlich auch Leute dazu, die das eben auch machen. Wie Manuela, die da jetzt laufend Pizza gebacken hat. Die Bereitschaft muss halt auch da sein. Ist sie aber auch. Das macht man ja gerne. In der Runde, wo man sich wohlfühlt. Ansonsten wird es auch nervig. Wenn du jetzt in einer großen Runde wärst, wäre es schon wieder anders.

Yvonne: In den Städten wird die Wahlkommission anders zusammengesetzt. Stefan hat das auch schon mal gemacht.

Stefan: Zusammengewürfelt wird das da.


Lucie: Eigentlich kenne ich das gar nicht so richtig aus meinem Alltag. Ich habe tatsächlich letzte Woche, als du die Frage gestellt hast, ob ich mitmachen würde, kurz drüber nachgedacht. Naja, es gibt schon ein paar Sachen, die mir nicht so gefallen im Moment. Aber dass die mich jetzt wütend machen? Ähm, nö, Ich kenne das gar nicht so richtig, wütend auf Sachen zu sein. Tatsächlich, mein ganzes Leben. Aber dann habe ich weiter nachgedacht und festgestellt, dass es schon … Es ist ganz tief irgendwo in einer Ecke weggedrängt. Also, ich will das gar nicht fühlen. Ich kenne das gar nicht, so richtig wütend auf Sachen zu sein. Tatsächlich, mein ganzes Leben. Aber es ist da, habe ich gemerkt. Es ist auf jeden Fall da. Aber irgendwo ganz tief, ganz weit weg, ganz weit hinten. Ich habe, glaube ich, keine Lust wütend zu sein, weil es ja nicht schön ist. Macht keinen Spaß.


Janek: Ich stelle fest, dass ich mich nur noch mit Gegenständen beschäftige, die ich auch beherrsche. Ich sage auch mal: »Weiß ich nichts dazu.« Ich habe in Berlin – das ist ja sozusagen eine Diskurshochburg – zu meinen Freunden gesagt: »Ich sag‘s euch nur, Israel Gaza lasse ich aus. Ich lasse einfach mal das Thema aus. Ich beschäftige mich einfach nicht damit. Unterhaltet ihr euch, ich lasse das jetzt mal aus.« Es kommt bestimmt das nächste Thema.


Sarah: Ich glaube, ich bin nicht der wütende Typ. Ich werde nicht so schnell wütend. Ich werde eher traurig, wenn mich etwas eigentlich wütend machen sollte.


Anonym: Ich hab Zeit.

Yvonne: Sie haben Zeit.

Anonym: Ich hab ’nen Nachbarn zum Zuckerdoktor hierhergefahren.

Yvonne: Ah und Sie warten jetzt. Das ist aber nett.

Anonym: Der hat um neun ’n Termin. Aber naja.

Yvonne: Das ist aber nett. Nachbarschaftshilfe?

Anonym: Das mach ich schon seit zwei Jahren.

Yvonne: Wie alt ist denn Ihr Nachbar?

Anonym: Der müsste 74 sein. Wir kommen ja aus Stollberg aus dem Harz.

Yvonne: Ach so, Sie sind gar nicht aus Bad Frankenhausen?

Anonym: Nee. Ich habe die Probleme nicht. Gott sei Dank. Und da weiß ich auch nicht, wo der nächste Zuckerdoktor wär. Da muss man erst mal unterkommen.


Katrin: Mir fehlt es gerade mal ein bisschen an Wut. Ich bin so der Mensch, der eigentlich so vieles nach innen nimmt, dann eher so traurig oder betroffen ist. Manchmal würde mir Wut sogar guttun, um es einfach raus nach außen zu lassen. Aber ich nehme vieles einfach persönlich. Es betrifft mich, es macht mich oft sehr, sehr traurig und so. Aber Wut, denke ich, ist ein gutes Mittel eigentlich.


Stephanie: Solche Menschen, die so zerfressen sind, und irgendwie in allem Verschwörungen sehen, und nicht mehr klar nachdenken, sondern solchen vorgegebenen Meinungen folgen, das macht mich, also, manchmal kann man ja nur lachen drüber. Vieles davon ist ja eigentlich lächerlich, dieses Ausblenden von Realität. In diese Kreise versuche ich mich nicht zu begeben. Das hat eben zur Folge, dass auch der eine oder andere Bekanntenkreis sich aufgelöst hat. Ich möchte mich nicht die ganze Zeit mit solchen lächerlichen Dingen beschäftigen müssen, die mir so gar nicht einleuchten.


Anonym: Ich habe ja keine Wut.

Yvonne: Warum nicht?

Anonym: Warum soll ich ’ne Wut haben? Ich habe keine Wut. In meinem Alter hat man keine Wut.

Yvonne: Ach so, das hängt vom Alter ab?

Anonym: Na ja, mir geht das jedenfalls so. Weil man das alles viel gelassener sieht, muss ich sagen, was jetzt so in der Welt passiert und in Deutschland direkt. Wie gesagt, das ist halt so. Können Sie vielleicht auch später mal sehen, wenn die Enkel aufwachsen, wenn es den Kindern gutgeht. Dann isses eigentlich alles gut. Man muss sich selber wohlfühlen bei der ganzen Sache.


Christian Herrgott: Wut ist ein Gefühl, was ich so gut wie gar nicht kenne, muss ich gestehen. Weil ich ein sehr rationaler Mensch bin und viele Dinge schon auch von unterschiedlichen Blickwinkeln betrachte. In meiner Funktion als Landrat ist es auch meine Aufgabe, ein Stück weit empathisch Dinge aufzunehmen und nicht in einer vornehmlich emotionalen Reaktion auf Dinge zu reagieren. Der Landkreis ist vielfältig und die Menschen sind vielfältig. Und wenn man mit Dingen konfrontiert wird, die einen traurig und auch ein Stück weit ratlos machen – bei inhaltslosen Argumenten oder platt vorgetragenen Dingen –, dann ist es schwierig, rational zu reagieren. Das macht einen schon ein Stück weit betroffen. Aber Wut ist aus meiner Sicht – wenn ich so die letzten Jahre zurückschaue –, ein Gefühl, was ich ehrlich gesagt gar nicht so richtig kenne.


Caro: Wut ist ja auch in der Psychologie sehr interessant, weil diese oft in die Richtung von Trauer oder Frustration schlägt. Also, dass Wut eigentlich eine ganz andere Emotion ist. Man muss das erkennen. Wütend zu sein ist ja auch wichtig, um bestimmte Dinge für sich zu merken. Und ich glaube, bei mir schlägt das eher in etwas Trauriges und Verletztes um. Dieses Gefühl von Wut habe ich oft nicht, weil ich sehr schnell reflektiere. Und dann bleibt dafür halt kein Platz.


Katrin: Ja, also ich denke schon, dass ich so eine gewisse Dankbarkeit und Demut den Dingen gegenüber habe: Ist auch so ein Stück Lebenserfahrung. Alles in allem ist es wirklich eher Dankbarkeit, also für jeden Tag oder jeden Moment.


Diethold: Wir sind durch alle Wirrungen der letzten 40 Jahre heil durchgekommen, ob das die DDR-Zeit war, die auch nicht ganz konfliktlos war. Aber irgendwie ist es gelaufen, ob das die Wende war oder auch jetzt ist, im Großen und Ganzen. Wir sind nicht Leute, die nichts sagen, ja es ist immer gut ausgegangen bisher, was hoffentlich so bleibt.

Katrin: Auch deshalb sind wir ja stark für die Demokratie engagiert.


St.: Ich kann mich nicht entsinnen, dass ich mal so Wut aus mir rausgeschrien hätte. Nicht so richtig.


Dörte: Inzwischen bin ich wesentlich gelassener geworden und ich arbeite auch dran. Das ist für mich besser. Es ist gesünder, wenn man alles erstmal versucht, gelassen zu betrachten und aus eigener Distanz. Das hat sicher mit dem Alter zu tun. … Weil man so viel erlebt hat, dass man, denke ich, seine Perspektive einfach ändert. Bestimmte Dinge, die passieren, kannst du nicht ändern. Aber wenn du gelassener damit umgehst, ist das besser. Also für mich jedenfalls. Was früher … wäre das unmöglich gewesen.


Bernhard: Ich habe gleich gesagt, ich habe keine Wut. Das ist mir fremd.

Karin: Na ganz fremd nicht, aber…

Bernhard: Von mir meine ich, dass ich keine Wut habe. Damit sitze ich hier eigentlich falsch.

Yvonne: Warum hast du keine Wut?

Bernhard: Ich bin nicht der Typ dafür. Außerdem habe ich keine Lust, ständig über Negatives zu reden. Wenn man Wut hat, dann ist man negativ eingestellt.



Yvonne: Als Kraftfahrer hat man ja diesen 8h-Rhythmus.

M.: Ich arbeite sechs Stunden wegen dem Kind. Ich arbeite drei Stunden, dann habe ich eine Stunde Pause, dann arbeite ich wieder drei Stunden und dann fahre ich nach Hause.

Yvonne: Und das ist dann entspannt?

M.: Das ist entspannt.

Yvonne: Da hat man eigentlich keine Wut mehr…

M.: Wenn mir was nicht passt, sag ich das. Zum Beispiel, wenn der LKW kaputt ist und der muss in die Werkstatt und der Chef sagt: »Mach mal noch fertig!«, sag ich: »Nee, mach ich nicht. Die Karre muss in die Werkstatt und dann mach ich Feierabend. Entweder du reagierst drauf oder es gibt Ärger.« So machen wir das.

Yvonne: Eigentlich braucht man da gar keine Wut.

M.: Nee gar nicht.

Yvonne: Privat? Auch glücklich?

M.: Glücklich. Alles gut. Ich bin frisch verheiratet.

Yvonne: Gratuliere.

M.: Und mit Kind. Was will man mehr.


Peter: Also, Wut spür ich nicht. Ich bin nicht so der Typ. Also, dass ich groß »Wut« empfinde. Das ist nicht meine Philosophie. … Ich versuche immer, den anderen auch zu verstehen. Ich versuche, in einen Austausch zu gehen und diese Person zu verstehen. Und dann verstehe ich auch meistens ihre Ansichten. Dann hat man halt eine andere Ansicht. Dann muss man versuchen, einen Kompromiss zu finden. Das ist eher so meine Herangehensweise.


Caro: Also ich bin jemand, die es für sich behält. Es gibt ja Leute, die das sofort nach außen tragen müssen. Das ist bei mir im Freundeskreis oft so. Neulich war ich mit Freunden und deren Familie unterwegs. Da ist es sehr temperamentvoll, was genau das Gegenstück ist zu meiner Familie, in der wir alle das für uns behalten und sich das nicht so stark äußert. Ich glaube, das ist schwierig, man unterdrückt einfach viel. Es kostet sehr viel Anstrengung, das nicht nach außen zu tragen. Aber ich glaube trotzdem, dass ich versuche, das relativ zu verarbeiten und mir das irgendwie – ich will nicht sagen schönrede. Aber ich versuche mir Dinge meistens zu erklären. Und dadurch, dass ich oft viel Verständnis für die andere Partei aufbringen kann, schwächt das die Wut ein bisschen ab. Dass man halt versucht, auch die andere Sicht zu verstehen und sich dadurch ein bisschen runterfährt.



Karin: Mir kommt dieses doch viel auch benutzte Zitat von Kennedy in den Sinn: »Frag nicht deinen Staat oder dein Land« hat er, glaub ich, gesagt: »Frag nicht dein Land, was du für das Land tun kannst. «

Bernhard: »Was es für dich tun kann.«

Karin: Sondern frage: »Was du für dieses Land …«. Das kann man ja austauschen: Was du tun kannst für die Gemeinschaft, die Familie, für Mitschüler. Das wünsche ich mir erheblich, dass das wieder stärker belebt wird. Es gibt viele positive Beispiele, um das nicht nur negativ zu sehen. Man sieht’s ja in den Dörfern, wo die Leute gemeinsam solche Aktionen durchziehen. Es gibt ja ein breites Spektrum, wo man aktiv werden könnte. Ob Ehrenamt, im Sport oder Betreuung oder Hilfe in der Familie. Es ist ja endlos, was man tun kann.


Marco: Ich bin doch nicht wütend. Aber die Leute sind bleede. Die machen alles mit. Das steckt ja in ihrem Wesen. Die wollen sich verarschen lassen. Die wollen das alles so hinnehmen. Die wollen nicht zusammenarbeiten. Die machen alle gegeneinander. Die Klimakleber gegen die, rechts gegen links, die gegen die, der gegen den. Und die gehen nicht zusammen. Die gehen noch auf ’n Laufrad und erzeugen Energie. Die hauen sich gegenseits vor den Tower. Und die anderen Leute erfreuen sich dran.


Anonym: Also letztendlich dadurch, dass wir größtenteils katholisch sind hier im Dorf, besinnt man sich eher mal dazu. Es wird schon irgendwas Überirdisches geben. Man hat manchmal selber einen Schutzengel. Ich gehe dann in die Kirche, wenn keiner drinne ist und halte inne, oder sowas, dass ich mich selber bedanke, dass es mir gut geht und dass meine Familie einigermaßen gesund ist, dass es einigermaßen läuft, dass wir eigentlich, so wie es ist, auch gut leben. Also, man braucht jetzt nicht zu klagen. Uns geht es gut, wenn man gesund ist.


Yvonne: Du hast jetzt extra ein Amt angenommen, Ortsteilbürgermeister ist ein Ehrenamt.

Olaf: Der Grund, warum ich das mache, ist, weil ich dadurch zum allerersten Mal in einer Situation bin, wo ich ein bisschen was ganz praktisch verändern, aus meiner Sicht zum Positiven wenden kann. Deswegen mache ich das. Und auch aus dem ganz simplen Grund, weil es mir Spaß macht. Das ist ja auch ein Stück weit meine Freizeit. Also, ich bekomme einen kleinen Obolus dafür. Dafür arbeite ich etwas weniger.

Yvonne: Stehst du nächsten Monat auch auf dem Wahlzettel?

Olaf: Ich stehe auf dem Wahlzettel drauf, hab das alles eingereicht, soweit. Und lasse mich dann überraschen, wer sonst noch draufsteht. Aber dafür sind wir in der Demokratie.

Yvonne: Wärst du traurig, wenn du es nicht werden würdest?

Olaf: Dann wäre ich traurig. Ich habe die letzten fünf Jahre mich schon mit recht viel Herzblut eingesetzt. Und habe verschiedene Sachen angestoßen, die ich auch gerne weitermachen würde. Es gelingt nicht immer alles, natürlich. Aber ich ziehe jetzt eine recht positive Bilanz am Ende, auch so mit dem Team, mit dem ich das zusammen mache. Von daher gehe ich sehr zuversichtlich in die Wahl rein.



Anonym: Wut ist für mich immer negativ und das finde ich nicht gut. Von daher versuche ich es eher positiv zu sehen. Na klar, auch Energie und auch Engagement braucht man, auch wenn es um Dinge hier in der Gemeinde geht. Deswegen habe ich mich auch im Landgemeinderat aufstellen lassen. Da habe ich meine Eichstruther hinter mir gehabt. Die haben mich fast zu 100 Prozent gewählt, dass ich in diesen Landgemeinderat reinkam. Da werde ich auch weiterkämpfen. Aber nicht mit Wut, sondern mit Engagement. Und ohne, dass wir uns absägen lassen als kleinster Ort. Wir sind der kleinste Ort und wir müssen uns irgendwie bemerkbar machen. Das hat in letzter Zeit gut funktioniert.

Yvonne: Also, seit du Bürgermeisterin bist

Anonym: Weil ich immer »Ja« sage. (lacht) Ihr wart die ersten damals bei der Perlenkette. Da habe ich erst gegoogelt. »Wer will da was von mir? Wer will mich hier veralbern?« (Alle lachen)

Yvonne: Das war ja dann anscheinend auch nicht so schlimm mit uns.

Anonym: Nee, das war schön.


Janek: Nein, ich bin eigentlich nicht … also wütend ist ja so … nützt einem ja nüscht.


Michael: Ist auch schön in Eichstruth.

Lissy: Aber so, wo ich hierherkam und hab das mitgekriegt, was das hier für Leute sind und wie das hier funktioniert. Ich war so positiv überrascht. Ich hab das noch nie erlebt. Ich hatte ja in Dingelstedt gewohnt, war ja mit meinem Sohn alleine. Erst hatten wir ’ne Wochenendbeziehung und nach einem Jahr hat er zu mir gesagt: »Kannst du dir vorstellen, nach Eichstruth zu ziehen?« Ich hatte das überhaupt nicht auf dem Plan. Ja, dann sind wir nach einem Jahr hierhergezogen. Mein Sohn war ja schwerkrank und der hat sich hier eingefuchst. Also das … Er hat ihn über …

Michael: Ich hatte so einen kleinen Bollerwagen gekauft.

Lissy: Das war was.

Michael: Und wie das hier so ist, man geht ja zu jedem hin, mal abends helfen, mal ’n Bier trinken. Ich hab den Jungen immer mitgezerrt.

Lissy: Das kannte er gar nicht. Ja, also … wie man hier aufgenommen wird, das möchte ich damit sagen.

Yvonne: Das heißt, Eichstruth macht euch nicht wütend?

Lissy: Nee, im Gegenteil! Ich meine, den einen mag ich mehr, den anderen mag ich weniger, so wie das überall ist. Aber man grüßt sich, man sagt: »Guten Tag«. Man macht ein Schwätzchen. Und dieser Respekt, der da ist, das ist schön. Na, voreinander auch. Egal, wer man ist. Also wir sind … ich sehe mich immer so wie so eine große Familie. Ob es in schlechten Zeiten ist, wie jetzt zum Beispiel auch, wenn wer mal von uns geht. Da sind wir eigentlich auch alle …

Michael: Das ganze Dorf da.

Lissy: … dabei. Oder auch in guten Zeiten, wie Kirmes oder so. Wir versuchen uns auch immer gegenseitig zu helfen.


Ingrid: Und heute scheint die Sonne, es ist ein schöner Tag. (lacht) Ich muss jetzt aufhören. Ich habe Ihnen jetzt mein Herz ausgeschüttet. (lacht)

Yvonne: Ja, vielen Dank. Würden Sie uns auch sagen, wie Sie heißen? Nur den Vornamen vielleicht.

Ingrid: Ingrid. Okay. Dankeschön. Vielen Dank. Haben Sie vielen Dank, dass Sie mir zugehört haben.