Carl-Josef: Und wenn man dann noch n Fernseher anmacht und hört so Leute wie Habeck und Konsorten, da kriegste doch das Kotzen.

Christina: Wir verfolgen das ja immer. Diese Diskussion bei Maybrit Illner.

Carl-Josef: Vorige Woche war es erst wieder drauf, mit dem Merz. Da hat der sich so blamiert. Der hatte die Fragen von der Moderatorin gar nicht mitgekriegt. Als ob er geschlafen hätte. Als wenn der unter Drogen stand. Da hat er immer nachgefragt: »Können Sie die Fragen nochmal wiederholen?« Also die Grünen, das ist eigentlich das Letzte, was hier in Deutschland rumläuft.

Christina: Ich fand auch, dass so schlimm, wie es jetzt stand, war es noch nie.

Carl-Josef: Nee.

Christina: Noch nie in Deutschland war überhaupt so eine Regierung, die von Tuten und Blasen keine Ahnung hat.

Carl-Josef: Das ist die reinste Wut. Das ist die reinste Wut.

Christina: Das ist eigentlich die Wut der Bürger.


Anne: Das ist aber auch so eine Ungerechtigkeit, dass die Leute, die einfach schlau sind und so, dass man die nicht hört. Und die Leute, die halt irgendwie Rambazamba machen und sich hinstellen und mit Händen und Füßen auf den Fußboden schlagen wie so ein kleines Kind, dass denen nachgegeben wird. Das ist eine blöde Entwicklung, finde ich. Das ist einfach auch nichts, wo ich mich wiederfinde, wo ich denke, dass man da irgendwas Nachhaltiges hat. Das macht mir Sorgen mit dieser politischen Situation.


Friederike: Ja, ich bin wütend über Hunger, Armut und Krieg in der Welt! Natürlich bin ich da wütend! Warum gibt es das überhaupt noch? Könnte man alles bekämpfen. Also Hunger müsste es nicht geben. Krieg müsste es nicht geben. Armut müsste es nicht geben.


Caro: Ich glaube, vor allem in Bezug auf Politik ist es auch wichtig, die Wut zu zeigen. Damit sich halt eben was ändert.


Dörte: Ich finde, man erwartet zu viel von der Politik. Suchen wir wirklich den starken Mann? Den hatten wir. Ja, und er hat uns so reingerissen, ja. So dass mir eigentlich diese jetzige Koalition besser gefällt als vielen anderen. Die versuchen ja, einen Weg zu finden. Zwischen allen Befindlichkeiten. Dass sie das sehr ungeschickt machen, ist wohl wahr. Aber ich weiß nicht, Sozialabbau kann ja auch nicht der Weg sein. Ich mein, ich ärgere mich auch über Leute, die nicht arbeiten und es eigentlich könnten und auf unsere Kosten leben. Ich finde schon, da muss man was machen. Aber du kannst die ja jetzt nicht in Arbeitslager stecken. … Es ist unheimlich schwierig. Und ja, also ich finde, so schlecht macht die jetzige Regierung das gar nicht.


Anonym: Natürlich habe ich Wut auf unsere Politiker. Wie mer solche Menschen, die nix gelernt ham, ge, die haben ja nix. Keen Abschluss, keen nix. Un ham keenen Tag gearbeitet. Reden viel in mein‘ Augen, viel dummes Zeuch. Ge. Un solche Träumer! Natürlich müssen wir uns um unsere Umwelt kümmern. Aber man kann doch nich das Pferd am Schwanz aufzäumen. Un macht die Industrie platt. Von was soll n das Land leben? Un diese Viertage-Politik! WUNDERBAR. Aber total idiotisch! Das funktioniert doch nisch! Da hab ich natürlich och Wut. Grünes raus! Tut mir wirklich leid. Ich bin ne grüne Hummel. Ich mache alles im Garten, und was geht. Ja, aber diese … Weil die, weil das nicht funktioniert. Un dieses Wunschdenken, dass mer alle Elektro fahren. Hehehe, ich lach mich tot. Diese, diese Zusammensetzung, die … mer brauchen diese Elektrobatterien. Da muss mer gar nicht weiterreden, was da passiert, wenn ich das abbaue, diese ganzen Rohstoffe. Un wer die abbaut. Un was in diesem Land passiert? Damit wir grüner werden, machen mer’s da unten kaputt. Ma muss das doch im Zusammenhang sehen. Und wenn mer alle mit Strom fahren, geht es Licht aus in der Stadt. Und ma kann och keine Wärmepumpen überall machen, weil das Grundgestein das nicht hergibt. Da gibt’s Studien da drüber. Das sin ganze Städte kaputtgegangen, Kleinstädte, weil es Risse in Fundamenten un so. Durch diese Erdbohrung. Das darf man doch nich aus den Augen verlieren.



Carl-Josef: Die Kinder werden schon beeinflusst in der Schule. Ich weiß von Kollegen, die haben ’ne Tochter, die ist 14. Wandertag, da gehen die von den Grünen mit. Und erzählen denen: »Die Bauern sind alles Verbrecher, vergiften die Felder.«

Christina: Ich glaube, so werden die das nicht gesagt haben, oder?

Carl-Josef: »Verbrecher« nicht. Aber: »Sie vergiften die Felder.« Und: »Die Tiere werden schlecht gehalten.« Alles so Sachen. Das wird den Kindern in der Schule schon erzählt. Das ist doch nicht richtig.

Yvonne: Was wäre denn die Möglichkeit, daran etwas zu ändern? Also, wenn Ihr sagt, dass Euch das wütend macht. Habt Ihr da eine Möglichkeit?

Carl-Josef: Ja, die Grünen sollen einfach so sagen, wie es ist. Die Leute können nur ernährt werden durch Massentierhaltung. Geht doch nicht anders.

Christina: Ja, die Masse ist es.

Carl-Josef: Ich kann doch nicht fünf Hühner im Garten haben und will die ganze Welt ernähren. Das geht doch nicht! Das funktioniert doch nicht! Wenn das vernünftige Massentierhaltung ist, ist doch alles gut. Man kann nicht mit Ställen mit fünf Schweinen hier eine Stadt ernähren.

Christina: Du hattest ja die Rinder, du musst das sagen. Du warst selbstständiger Landwirt.

Carl-Josef: Die waren auch nur draußen, das war wie Öko. Aber…

Christina: Die Rinder waren alle draußen, Tag und Nacht.

Carl-Josef: Ja, erstmal schlecht bezahlt worden. Ohne die Fördermittel vom Landwirtschaftsamt könnte man gar nicht überleben. So, das ist doch alles nicht so…

Christina: Das kommt von der EU.


Stephanie: Die Grünen sind jetzt an allem schuld, irgendwie, weil, was weiß ich, weil wir manchmal sagen: »Leute, wir müssten mal was ändern«. Weil wir das permanent sagen, weil es auch richtig ist. … Aber dann so einen Sündenbock zu suchen und das scheint praktisch zu sein, das momentan immer den Grünen in die Schuhe zu schieben.


Anonym: Das Heizungsgesetz hat viele auf die Palme gebracht. Aber das war ja nicht zu Ende argumentiert und auch nicht richtig übermittelt. Viele denken, sie müssten ihre Heizung rausnehmen oder stilllegen. Das ist ja Käse. Das ist ja so gar nicht gemeint gewesen. Das müsste richtig im Detail erklärt werden: »Wir meinen, dass, wenn eine alte Heizung kaputt ist, dass man sich überlegt, nicht mehr eine Ölheizung reinzubauen, denn das kann das auch sehr teuer werden.« Ich bin seit fast 30 Jahren in einer Firma. Wir machen Erdwärmeheizungen. Das hätte viel früher schon in der CDU-Regierung auch gefördert werden können. Diese Erdwärmeheizung ist in der Anschaffung richtig teuer. Aber danach Null! Keine Kosten mehr, gerade mal noch für die Umweltpumpe. Dazu kann man sich drei Solarplatten aufs Dach machen, Photovoltaikplatten, und dann hat man das amortisiert schon. Gut, man muss diese 30.000 Euro erst einmal haben. Aber so was wurde überhaupt nicht gefördert. Und jetzt auf einmal Wärmepumpen. Alles spricht von Wärmepumpen. Das macht die Leute wütend. Und solche Sachen, die werden nicht ins Detail erklärt. Die Vor- und Nachteile und weshalb wieso.



Anonym: Jetzt AfD, die hat so viel Stimmen. Aber es wird immer druff-neigehauen. Das is einfach so. Ob es jetzt gut is oder schlecht is. Die wollen vielleicht mehr fürs das Land machen, das wollen die anderen gar nicht hören. Und wenn die anderen Staaten ringsum, die sind alle ein bisschen national gemacht. Da schreit keiner rum. Die haben zwar ein bisschen Angst wegen Rechten, ein bissl. Aber Nazis? Das glaube ich nicht, dass es hier auch wieder etwas werden würde. Das wird nicht mehr funktionieren. Wie mit der Landtagswahl damals. Ramelow, der sollte ein halbes Jahr dranbleiben, bis im Frühjahr. Und der is jetzt – wie viel Jahre haben wir jetzte schon – zwei Jahre oder vier Jahre? Das is doch nicht normal. … Die Abgeordneten, alle, wie sie da oben sitzen, die wollen alle ihre Posten festhalten. Genau so is das hier. Deswegen sind die Leute sauer. Denk mal an die Corona-Zeit. Die ganzen Beamten, vom Lehrer angefangen, haben alle volle Gehälter gekriegt. Und was hat der kleine Mann gemacht, wo die Firma nicht mehr aufgemacht hat? Der musste aufs Arbeitsamt gehen und sich da das Geld holen. Dann haben sie die Inflationsgelder. Die hat keine Sau gekriegt. Und gibt noch mehr Sachen. Das sind die Sachen … die brauchen sich nicht zu wundern, dass die Leute ärgerlich sind. Denn die Leute können auch froh sein. Denn den Leuten gehts hier noch zu gut. Wenn es ans Fressen geht, ich weiß nicht, was da passiert. Das is nachher so.


I: Ich bin Rentner. Ich bin froh, dass ich eigentlich ne gute Rente kriege. Und jetzt ist es so, dass unser Staat immer… Man kommt sich vor wie in die Goethezeit versetzt. Kleinstaatensystem. Und jeder erfindet eene neue Steuer. (lacht) Aber abzapfen tun sie die, die sowieso… wurschteln und hinkommen wollen mit ihrem… was sie zur Verfügung haben.

Yvonne: Sie meinen…

I: Die werden geschröpft, zum Beispiel.

Yvonne: Sie meinen, weil die Rentner jetzt auch besteuert werden.

I: Aber wie verrückt! Und das wird immer mehr und immer mehr. Ich kann das gar nicht nachvollziehen. Der Gedanke daran macht mich … Und was machen se mit meinem Geld? Es wird nichts wiedergegeben. Sie schaffen‘s in die Waffenproduktion und in Kriege. Das ist doch Mist! Das ist doch nicht in Ordnung!

Yvonne: Glauben Sie, dass Deutschland wieder zur Selbstverteidigung aufrüsten muss?

I: Ich weiß es nicht genau. Manchmal ist es so, dass ich überlege, diese vorgespielte Liberalität, die in Deutschland manchmal so kommt, ge, dass die selber nicht so richtig wissen, was sie machen sollen.



Ingrid: Ich habe Bekannte, die wählen die AfD, damit sich was verändert. Ich habe gesagt: Da wählt die Linken und wählt irgendwelche Bürgervereinigungen oder sonste was. Aber die AfD ist das Letzte, was ich wählen würde. Nicht ums Verrecken. Ich weiß nicht, warum, aber wenn ich den Höcke sehe, da kriege ich schon so einen Hals. So ein … Die Einstellung von den Leuten kann ich nicht nachvollziehen. (lacht verlegen)


Anonym: Ich bin seit zwanzig Jahren nicht praktizierendes SPD-Mitglied. Wir haben es uns mit der AfD nicht leicht gemacht. Aber was man einfach sagen muss, ist, sie machen – einfach fachlich betrachtet – zum Teil eine deutlich bessere Öffentlichkeitsarbeit als alle anderen. Sie bespielen diese ganzen Dinge einschließlich der Sozialen Medien und TikTok einfach viel besser. Und sie haben auch eine Fanbase, in die man ja mittlerweile überhaupt nicht mehr eindringt. Man erreicht die Leute ja mit Sachargumenten nicht mehr. Das ist jetzt vielleicht eine krasse Formulierung, aber das hat ja so führerkultartige Anmutungen. Die können ja sagen, was sie wollen. Bei Herrn Krah bin ich ja persönlich der Meinung, der setzt irgendwann die Maske ab und dahinter verbirgt sich Jan Böhmermann. Das ist ja wie so ein satirisches Kunstprojekt, was der macht. Das ist ja surreal!


Katrin: Ich denke, dass viele sich einfach nicht gesehen fühlen, warum auch immer. Gerade durch die letzten Jahre der Pandemie, wo viele sich umstellen und ihren Lebensalltag anders gestalten mussten. Aber ich denke auch, dass es so eine starke Anspruchshaltung gibt: »Mir steht das doch alles zu! Ich muss nicht zwingend was dafür tun, mir steht das alles zu!« Wie ich jetzt im öffentlichen Dienst, ich kriege noch Prämien. Und ich finde, das ist eine ganz schöne Farce im Kontrast zu anderen Personen, die ihr Leben auch gestalten müssen. Wir haben so viele Vergünstigungen – Inflationsprämie, Pandemieprämie –, für alles werden wir prämiert. Und diesen Kontrast kriegen wir ja auch mit. Wir haben viele Freunde, die einfach sagen: »Ich muss noch fünf Leute bezahlen und kriege das mit Mindestlohn und so weiter und soll das nochmal aufstocken, kriege da einfach keine Unterstützung…« Diese Schere klafft halt ziemlich auseinander. Ich bin wirklich bereit, etwas auch beizutragen. Ich möchte Teilhabe, ich möchte alles wahrnehmen. Aber wenn es darum geht, etwas zu tun, sind es aus meiner Sicht, wenige.


Hilde: Ich muss jetzt echt mal ganz provokant fragen, sind wir so eine Gesellschaft, wo wir uns immer nur alle hinstellen und sagen: »Hey, was ist denn das hier? Warum macht da keiner was?« Wo ist denn da, ich meine man sieht irgendein Problem oder hat irgendein Problem, da muss man doch erstmal selber irgendwie gucken, wo kann man da mal was machen, wie kann man da einen Ansatz finden.

Alfred: Nicht auf andere zeigen.

Hilde: Aber dieses Ganze irgendwie immer warten, bis irgendwas passiert und es passiert nix. »Ja da kann ich so nix machen. Die anderen machen nix. Es kommt keiner irgendwie, der hier die Sache in Ordnung bringt. Hey ich doch nicht!« Und das ist auf jeder Ebene. Ey, ich führe da Diskussion in der Schule, wo ich mir denke, ja, weil ich da jetzt auch eine Abteilungsleitung machen muss, dann kommen die Kollegen und sagen: »Hey, wie soll ich denn denen das erklären? Die verstehen mich nicht.« Sag ich: »Dann machste halt mal ein paar Bilder oder so irgendwie.« »Ja, wieso ich?« »Ja«, ich sag: »Du hast doch das Problem. Wieso soll denn ich für dich die Bilder machen?« Nö, aber das wird dann irgendwo abgeladen und dann muss das irgendwie gelöst werden und wenn es nicht gelöst wird, dann liegt es ja nicht an ihnen. Das geht mir total auf die Ketten. Also von daher haben wir wahrscheinlich schon ein gesellschaftliches Problem, diese Idee, dass irgendwer was machen muss, dass die Politiker immer alles richten müssen oder so was.


Markus: Ich glaube, die Wut hat sich nicht geändert. Nur die Instrumente und die Form dafür. Das ist das, was mich so traurig macht. Ich habe das Gefühl, dass das so archaisch ist. Dass es jetzt andere Formen annimmt, durch – ja klar, wissen wir alle – die sozialen Medien. Da wird ganz viel Raum aufgemacht für Leute, die sich früher nicht getraut haben. Früher hat man sich noch geschämt, wenn man dumm war. Das ist nicht mehr so. Das ist meine Wahrnehmung. Heute kannst du jeden Scheiß raustrompeten. Und findest immer irgendwie eine Special-Interest-Gruppe, die das auch goutiert.


Alfred: Welche Rolle spielt die Emotionalität in der Bildung? Ja, man soll ganz nüchtern und was weiß ich berichten. Aber wenn wir uns überlegen, wie die Erfolge der Umweltbewegung entstanden sind, da war ganz viel mit Gefühl und was Positivem und so. Warum darf das nicht sein? Das ist ja ähnlich wie in der Politik. Auf der einen Seite lauert die Presse darauf, dass etwas passiert, was einen Skandal auslösen kann. Wenn man aber so Leute wie Scholz hat, der irgendwie professionell und mit einer die Anderen erregenden Gleichgültigkeit bestimmte Sachen macht und damit dann eben diese Anknüpfungspunkte nicht bietet, dann ist auch wieder nicht gut. Dann sagt man immer, der ist irgendwie, den scheint gar nix, der ist irgendwie, … ja.


Thomas Kemmerich: Man muss man zwei Dinge unterscheiden. Es gibt wirklich unprofessionelle Wut, wo man den politischen Gegner eben nicht in der Sache attackiert, sondern einfach nur, weil er der Gegner ist. Das halte ich für falsch. Es gibt die gespielte Wut, weil bei uns im Landtag ist es auch eine Bühne. Das Publikum erwartet ja auch eine durchaus mal schärfer geführte Diskussion. Das ist okay, wenn man da mal in der Wortwahl auch pointierter wird. Die Leute sollen ja – das ist auch Aufgabe eines Parlaments – erkennbar wissen, wer ist Regierung, wer ist Opposition, wer ist der Meinung und wer ist anderer Meinung. Wenn man alle Meinungen immer so zusammenwirft, dass keiner mehr wütend wird, also der große Kompromiss herrscht, das regt die Leute ja auch auf. Weil sie sagen: »Wo bleibe ich mit meiner Meinung? Wer vertritt die hier?« Und dann suchen die Leute sich irgendwo ein Ventil, so dass ihre Meinung vertreten wird. Das führt dann auch zur Katastrophe.



Michael: Was mir manchmal auch auffällt, wenn der Bundestag tagt, und es wird live übertragen: Der eine zankt nur auf den anderen. »Das habt ihr Scheiße gemacht! Das habt ihr Scheiße gemacht! Das habt ihr Scheiße gemacht!« Man hört mal nie: »Hallo.« Man hört nie: »Das war mal gut.« Es wird immer nur gezankt.

Lissy: Ja genau. Immer negativ.

Michael: Das kommt mir manchmal vor wie im Kindergarten. »Du hast DAS gemacht! Du hast DAS gemacht! Du hast DAS gemacht!« Das ist aber… Wir sind absolut keine Politiker.

Lissy: Ach, um Gottes Willen.

Michael: Man verfolgt’s eben ein bisschen.

Lissy: Man kriegts auch so mit.

Michael: Manchmal muss ich schmunzeln. Aber länger wie eine Viertelstunde kannste das nicht anhören. (Lissy lacht) Es wird nur gezankt. Dass man da mal vernünftig miteinander umgeht.

Lissy: Das sind ja eigentlich alles erwachsene Menschen.

Michael: Und gebildete eigentlich sollen es sein.

Lissy: Ja, sollten sie eigentlich.

Michael: Wenn ’se da mal die Kamera umschwenken, da liegen ’se drinnen und sind fast am Einschlafen und gucken auf das Handy. Das ist auch respektlos für mich.

Lissy: Wollt’ ich gerade sagen.

Michael: Respektlos! Da gehts um was. Und dann wundern ’se sich, wenn die Leute auf die zanken, wenn ’se sowas sehen. Das geht nicht.

Lissy: Da verliert man ja selbst den Respekt vor den Leuten.

Michael: Wir wissens ja nicht … Aber wenn man dann noch hört, was ’se für Gehälter kriegen, da schwillt einem doch der Kamm. 

Lissy: Stell dir vor, du wirfst jetzt hier ständig mit deinem Handy rum. Was ich machen würde? Ich würde aufstehen und gehen. (beide lachen) Das bedeutet für mich Langeweile. Es interessiert mich nicht. Warum soll ich weiterreden?


Olaf: Es ist in der Politik ganz oft das Problem, dass ein Schauspiel gespielt wird. Wenn die im Bundestag debattieren, dann machen die das nicht, um die anderen zu überzeugen, sondern um die Meinung der Öffentlichkeit zu präsentieren.


Anonym: Was mich auch richtig wütend macht, dass so viele Parteien drin sind und zu keiner Meinung kommen, dass man zu keinem Gesetz kommt. Das dauert gefühlt Jahre, bis mal irgendwas beschlossen wird, weil der wieder was dagegen hat und der was dagegen sagt. Das ist alles zu viel. Früher war eine Partei, zum Beispiel die CDU, die hatte die absolute Mehrheit, die konnten dann eben beschließen. Ob das jetzt richtig war für alle, das bleibt dahingestellt. Aber jetzt diese Kleinstaaterei, dass es an zwei Stimmen hängt, ob ein Gesetz beschlossen wird, obwohl es wichtig wäre, zum Beispiel mit dem Bildungsgesetz. Meine Güte, das dauert gefühlt ewig! Die Leute fühlen sich abgehängt. Ja, die Parteien hatten das vor, die haben das in ihrem Wahlprogramm stehen. Aber dann ist Schluss. Danach wird nichts mehr passieren. Die Leute haben das Gefühl: »Mhm, passiert nix.« Was machen die denn da eigentlich in Erfurt? Was machen die in Berlin? In Berlin kriegt man das vielleicht noch eher mit, weil es mehr darüber berichtet wird. Aber was in Erfurt läuft, was Thüringen angeht, das kriegt man ja überhaupt nicht mit.


Kay: Auf Vernunft scheint wahrscheinlich niemand zu reagieren. Ich denke eher, dass es ohne Schmerz vermutlich keinen Wandel gibt. Wie solls denn? Ich wüsste gar nicht, wie es sonst geht, wenn nicht irgendjemand das Parlament stürmt oder seiner Meinung Nachdruck verleiht. Reichstag oder Bundestag werden ja mit einem Graben umgeben. Wassergraben, um sich vor dem Volk zu schützen. Entschuldigung, das hat was von Burgherr und Volk. Das funktioniert nicht. Das ist für mich krank. Das ist eindeutig falsch. Falsches Signal an die Bevölkerung. Zumal es ja Volksvertreter sind. Für mich passt das nicht mehr zusammen. Auch der Beruf Politiker: Was soll denn das? Normalerweise gehören für mich Menschen dahin, die schon mal zehn oder zwanzig Jahre irgendwo in der Wirtschaft waren. Oder mit irgendwelchen, irgendwo mit Menschen zu tun hatten, weiß ich was. Und dann kann man in die Politik gehen.

Yvonne: Wie wäre es mit dir?

Kay: Aufgrund meiner gesundheitlichen Probleme würde ich es nicht aushalten. Ich würde nach 2, 3, 4, 5 Jahren wahrscheinlich nicht mehr leben. Ich würde mich so aufregen!


Yvonne: Sie werden ja vermutlich oft genug Wütenden begegnen. Wie machen Sie das?

Christian Herrgott: Ich bleibe ruhig, ich höre mir die Dinge an und versuche, die Menschen mit ihrem Gefühl oder ihrem Problem da abzuholen, wo sie stehen. Ich bin nicht der Oberlehrer des Landkreises und es liegt mir auch fern, den Leuten kluge Ratschläge zu geben, wie sie in ihrer Situation ihre Gefühle ausdrücken sollen. Deswegen ist Wut vielleicht für manche, die sich in der Situation überfordert fühlen oder die sich bei den komplexen Themen der Welt auch ein Stück weit ja, ohnmächtig fühlen, mitunter ein Gefühl, in das man sich hineinflüchtet. Das nehme ich auf. Ich spreche mit den Menschen, ich spreche mit allen Menschen hier bei mir im Landkreis, die ein Gespräch zulassen. Es gibt ja auch einige, die nicht bereit sind zu sprechen. Das muss ich auch akzeptieren. Aber ich nehme die Menschen so, wie sie sind und versuche sie in ihrer Situation abzuholen und Lösungen für die Ursachen zu finden. Symptome zu bekämpfen ist nicht hilfreich. Man muss an die Ursachen ran und versuchen die Menschen da abzuholen, wo sie stehen.


Matthias: So, wie die Politik ist, das alles ist ’ne Hure.


Paul: In meiner Schulzeit haben wir nicht irgendwas großartig Politisches angesprochen. Da hattest du nie mal Raum für einen Diskurs oder so was. Gar nichts. Irgendwann kamen die Juniorwahlen, da konnte man in der Schule intern Parteien wählen. Aber wenn man sich vorher nicht damit auseinandergesetzt hat, dann hast du einfach was gemacht aus Spaß oder so. Die sich nicht mit damit auseinandergesetzt haben, die haben nichts dabei gelernt. Das war das Problem: Es gab die Möglichkeit, aber man hat vorher nie darüber gesprochen. Da wurde nichts analysiert. Da wurde einfach nur so was hingelegt. … Ich meine, dass es immer ein bisschen einfältig ist, wenn man als junge Person sagt: »Ja, hier die Alten.« Und die Alten sagen: »Die Jungen.« Im Endeffekt ist das ja ein Zusammenspiel von allen. Da ist ja keiner alleine schuld. Klar, wir als junge Generation sind quasi reingeboren in das, wie es die letzten Jahre lief. Die Veränderung ist für viele wahrscheinlich ein Problem, also, wenn die Jungen sagen: »Hier, wir hätten es gern anders und wir müssen auch was anderes machen, es läuft nun mal nicht mehr so, wie es laufen muss.« Ist ja bisher wie mit dem Klima, dass es einfach jetzt Zeit ist, mal was zu ändern. Und wenn wir dann mal einen anderen Kurs fahren müssen als die letzten Jahre, ist wahrscheinlich die Umstellung wieder einfach schwerer.


Hilde: Wenn du Sozialkunde machst, dann hast du bei jedem Thema irgendwelches Fake-Zeug, was sie erzählen. Das ist schon teilweise anstrengend, so dass du denkst: »Mensch, da habe ich keinen Bock mehr drauf.« Zur letzten Bundestagswahl habe ich auch eine Wahl mit meinen Klassen veranstaltet. Die mussten sich die Kurzfassung von den Programmen angucken und sich die gegenseitig erzählen. Da war natürlich die AfD auch mit dabei. Da stand drin, die wollten Lager außerhalb von Deutschland errichten. Ich sage: »Leute! Lager! Klingelt da bei euch irgendwie gar nichts?« Oder Frauen alle an den Herd! Und so ein Zeug. Ich habe gesagt: »Hast du keine Mutter, keine Schwester oder so?« Das ist ja nichts, was so so im leeren Raum … Aber die sehen halt im Moment echt nur sich. Das ist ein Stück weit das Alter, dass die nicht ein bisschen weiter gucken. Dann kommen die Grünen, die wollen ihnen das Auto wegnehmen, wo sie jetzt endlich ein Auto haben dürfen. Das ist wirklich alles nur so punktuell. Ich weiß nicht, ob sich das noch mal weiterentwickelt und ob die irgendwie einen größeren Blickwinkel kriegen, wenn sie Familie und Kinder haben. Aber im Moment, keine Ahnung, gleiche Bezahlung, »Gut. Ich verdiene gut.«, so ungefähr. Und ich sage: »Und hier nebenan die Erzieherin?« »Ist mir doch egal.« Ich sage: »Was macht deine Freundin?« Irgendwo müssen die ganzen Frisösen und Erzieher ja auch alle sein. Das muss mich doch spätestens dann interessieren, wenn meine Partnerin mit viel weniger nach Hause kommt wie ich.


Annett: Was mich in dem Zusammenhang gerade sehr wütend macht, wie über Leute gesprochen wird, die nicht als Fettaugen oben auf der Suppe schwimmen: Bürgergeldempfänger, Leute in der Gesellschaft, die wirklich am meisten angewiesen sind auf politische Entscheidungen, die sie konkret betreffen, die keine Puffer haben. Die werden denunziert als faul, als nicht leistungsbereit, was auch immer. Ich finde das momentan wirklich verheerend, auch, was medial übermittelt wird.


Anonym: Du kommst auf Arbeit und da ist nur ein ungutes Gefühl. Alle schimpfen eigentlich nur noch, egal, wo du hinkommst. Alle schimpfen. Klar kommt da die Frage: »Wie würdest du es anders machen wollen?« Es ist wirklich so kompliziert geworden. Vorhin wurde im Radio aufgerufen zu Demos gegen rechts. Wie gesagt: Ich bin nicht rechts und möchte das auch nie. Aber dafür wird immer aufgerufen. Immer. Jeden Tag kannst du wieder reinhören. Gegen rechts, gegen rechts. Aber für Frieden? … Solange wir selber daran Geld verdienen…


Kathrin: Ich meine den Krieg unter den Menschen, der Kleinkrieg, in den Familien … wo auch immer die Menschen sind, in den Kommunen, zwischen den Parteien, innerhalb auch teilweise der Parteien. Alle stehen irgendwie im Krieg miteinander. Das heißt: abwerten, nicht zuhören, angreifen, Waffen benutzen, nicht fair miteinander kämpfen, Bandenbilden, Frontenbilden, Feindbilder haben. Also nicht nur Vorurteile, sondern aus Vorurteilen auch Feindbilder machen. Man hat keine politischen Gegner mehr oder Konkurrenten. Sondern es sind Feinde. Da ist dieses binäre Denken ganz stark. Schwarz oder weiß. Es ist nichts anderes mehr dazwischen. Und wir brauchen dieses Dazwischen, diese Vermittlung.


Janek: Wo empfinde ich Wirksamkeit, woher kommt die? Wenn ich hier gegen Frau Baerbock bin, da kann ich gar keine Wirksamkeit empfinden. Worin soll die bestehen? Sicherlich im Moment des Stattfindens, weil es andere auch so sehen. Aber danach nie wieder. Das gibt es nicht. Oder in der Freude, weil die Bundestagswahl oder die Europawahl so oder so ausgeht. Ich weiß nicht, ob es einen sehr großen Unterschied zwischen Ost und West gibt oder eher einen Unterschied zwischen Stadt und Land gibt. Wo kriege ich meine Wirksamkeit her? Wo wird die mir deutlich? Was sind eigentlich die Gegenstände, in denen mein demokratisches Verhalten bei mir abgerufen wird? Wo bin ich tatsächlich in der Situation, in der ich lebe, aufgerufen, etwas zu tun? Wo ist das zu merken? Ist das die aufgerissene Straße? Wo merken wir Demokratie? Am Küchentisch? Weil die ganze Familie entscheidet? Wo ist denn das? Ich vermute, dass das die Frage der Gegenstände ist.


Annett: Was mir immer wieder total wichtig ist, bevor es strukturell wird, dass die Verantwortung auch bei jedem Einzelnen liegt. Man kann sich nicht nur, weil man wütend ist, aus der Verantwortung stehlen. Ich habe manchmal den Eindruck, dass es bis zur Wut geht, dann gibt es eine Reaktion darauf und dann wird aber nicht weitergedacht. Habe ich jetzt einfach nur meine Wut mal artikuliert und es ist raus und wer trägt jetzt den Schaden davon? Ich habe ein großes Problem mit Begriffen wie Protestwähler zum Beispiel. Das ist für mich keine Kategorie. Zumindest nicht in der Form, wie es thematisiert wird. Wir müssen da nicht drumherum reden. Es geht um die AfD und darum, dass Leute AfD wählen, weil sie Protest wählen. Ich glaube, dass es auch für alle anderen etablierten Parteien eine gute Ausrede ist, zu sagen: »Das ist ein Protestwähler.«


Stephanie: Momentan sind es eher politische Dinge, die mich auch wütend machen. Wo man eben nichts verändern kann. Was mich zum Beispiel aufregt, ist diese Aktion mit dem Wissing und diesem Tempolimit und dieser ganzen verkorksten Verkehrspolitik. Da merkt man wirklich, jemand macht nichts Konstruktives und verschärft die Situation und spitzt es weiter zu und polarisiert und sehenden Auges spaltet man weiter. Das macht mich wütend. Das ist was Politisches, wo ich aus meiner Position heraus nur begrenzt was tun kann. Wenn ich in der Situation sehe, wo dringend Handlungsbedarf ist und es wird entweder nicht gemacht oder es wird das Gegenteil davon gemacht, etwas, dass die Sache weiter verschärft, finde ich das sehr bedrückend.


Kay: Es kommen wieder Sonntagsfahrverbote. Warum macht man so was? Warum sagt man so was? Sie sollen doch eher mal sagen: »Schluss mit Lkw-Verkehr auf der Straße. Schiene wird durchgesetzt.« Anstatt wieder die Bevölkerung zu verunsichern mit Sonntagsfahrverboten. Was soll denn das? In der Woche dürfen wir mal auf Arbeit fahren und am Wochenende dürfen wir dann nicht in die Freizeit fahren oder was?


Wolfgang: Nehmen wir das Tempolimit. Das finde ich eine gute Sache und es gibt eigentlich kein Argument mehr, es nicht einzuführen. Am Ende ist das Argument der FDP eigentlich nur noch: »Wir machen es nicht, weil wir die FDP sind.« Da bin ich neulich wütend geworden, weil Volker Wissing dieses zutiefst Positive – dass wir Verkehr entschleunigen, dass wir Risiko rausnehmen, dass es weniger Verkehrsunfälle, vielleicht auch weniger Verkehrstote gibt und weniger CO2 ausstoßen – dass er dieses zutiefst Positive ganz bewusst strategisch umkehrt und sagt: »Wenn wir das einführen würden, ja um Gottes Willen, da sind doch die armen, die kleinen Dörfer, dann haben doch die Leute keine Lust mehr über die Autobahnen mit 120 zu tuckern, die nehmen dann die Wege über die Dörfer und belästigen die mit Lärm. Das wollen wir doch nicht wirklich, oder?« Was natürlich totaler Schwachsinn ist und in keinem der anderen Länder ein großes Problem ist, wo es dieses Tempolimit gibt. Aber es wird etwas Politisches daraus gemacht. Darüber bin ich wütend. Weil ich einfach sicher bin, dass es total falsch ist. Und ich rege mich einfach nur darüber auf, dass der so was Mieses, bewusst Strategisches macht.


Lucie: Ich glaube, ich würde diese Wut der Menschen gar nicht unbedingt gut aushalten können, weil … Ich verstehe es einfach nicht. Ich weiß gar nicht alles, was auf der Welt passiert oder in einer Partei oder in der Politik. Ich kann diese Konflikte gar nicht verstehen, weil ich nur ein Bruchstück lesen kann in der Presse. Deswegen traue ich mich nicht, darüber mitzureden. Weil ich nicht in der Materie stehe und mir nicht anmaßen möchte, darüber zu urteilen und blöd mitzulabern, sage ich mal so.


Anonym: Was mich wütend macht, ist die Wut. Angefangen hat das nach meinem Empfinden mit Corona, diese Wutdemonstrationen und so was. Was die Leute da rauslassen … deren Argumente sind für mich dämlich, richtig dämlich. Und die Bauernproteste. Ich meine, sachlich kann man immer demonstrieren und seine Meinung sagen. Aber mit Wut habe ich ein Problem! Man muss reden. Und nicht einfach nur mitlaufen und: »Ich habe jetzt ne Wut.« Das macht mich wütend, dass auch von der Politik dagegen argumentiert wird. Auch nicht, dass da keiner den Arsch in der Hose hat – auf Deutsch gesagt – und sagt: »Hier so, wir müssten mal reden. Hier, Leute, kommt her! Ich stelle mich euch und wieso, weshalb, warum.« Das macht mich unheimlich wütend, weil es immer mehr wird.



Olaf: Während Corona habe ich mich entschieden, die Standard-Impfung machen zu lassen. Aber ich konnte genauso gut akzeptieren, wenn Leute Gründe hatten, das nicht zu tun. Ich fand es auch schwierig, wenn Leute, die jetzt entschieden hatten, sich nicht impfen zu lassen, das irgendwie schon Verrat war, wenn man das doch getan hatte. Ich habe kaum ertragen können, wie sich die Gesellschaft daran auseinanderdividiert hat. Wie ganze Beziehungen über dieser Frage zu Bruch gegangen sind. Ich fand es von beiden Seiten schwierig. Das war für mich kein Grund, einen Kontakt sein zu lassen. Und ich fand es schon befremdlich, wenn meine Nachbarin sagte: »Ich muss gleich sagen, ich bin nicht geimpft«, aus Furcht, ich würde das Gespräch abbrechen. Dass sich eine solche Intoleranz gezeigt hat, das fand ich sehr befremdlich. Und das hat mich durchaus wütend gemacht. Ach, dieses Wort Corona, ich wollte es eigentlich gar nicht mehr in den Mund nehmen. Aber tatsächlich kommt mir das so, das ist so ein Trend, der sich da irgendwie sehr verschärft hat, das ist so meine Wahrnehmung.


Udo: Bei Corona fing das an, extrem zu werden auch. Da gab es eigentlich nur zwei Seiten, Corona-Leugner, also Gegner und Befürworter. Impfen – nicht impfen. Das hat die Leute, das Miteinander gespalten. Und das schaukelt sich jetzt immer noch hoch. Das geht jetzt auf die Politik über. Corona ist so ein bisschen hinten dran jetzt, aber dieses Unzufriedene oder diese Aggressivität unter den Leuten, finde ich, hat noch damit zu tun. Jetzt geht das eben in Richtung: AfD oder Nicht-AfD. Das ist der Spaltkeil, der die Leute immer noch beschäftigt. Viele sind unzufrieden, weil vermeintlich alles schlechter wird, alles teurer. Und das Miteinander… Man hat sich die letzten Jahre irgendwo auch in Sicherheit gewogen, dass alles so richtig gut läuft. Und dann auf einmal wurde alles komplett anders. Diese Frustwähler beziehen sich darauf, dass jetzt vermeintlich alles schlechter wird. Die suchen eine Alternative. Das ist eben die AfD. Viele denken, danach wird alles besser. Kann ja nicht. Wie soll das besser werden? Deren Programm ist halt gefährlich. Viele kennen keine Kriege mehr und wie das damals gewesen ist. Die Generationen sind jetzt ja fast ausgestorben. Andere denken, das kommt nicht wieder. Die Gefahr ist groß. Aber ich denke mal, die meisten der AfD-Wähler sind schon diese Frustwähler. Wir wollen es jetzt den anderen mal zeigen, dass die es nicht gekonnt haben.


Anonym: Aber man müsste auch das Gefühl haben, das wird ernst genommen, ausgewertet und darauf wird reagiert. Und DAS glaube ich nicht: Dass die Regierung – welche auch immer, egal, ob das die aktuelle ist oder eine zukünftige –, das realisiert. Meiner Meinung nach haben die, die in der Regierung sitzen – ob das Erfurt ist, Berlin, was weiß ich – keinen Kontakt zur Bevölkerung. Oder wollen das auch gar nicht. Das ist nicht gewollt.


Yvonne: Glauben Sie, dass Sie was bewirken können? Heute ist ja Wahltag.

Mann: Bewirken kann man nicht viel. Da müsste man ja vorne an der Macht sein. Wenn de was sagst, da fliegt das meiste doch sowieso hinnen runter.

Yvonne: Glauben Sie, dass Basisdemokratie dann das Richtige wäre?

Mann: Kann sein, kann nich sein. Ich sag immer: »Kann nich wissen, wie es Sache wird.« Das merken se ja, dass ich rumspinne.


Kay: Ich bin eher für eine Basisdemokratie. Das Parteiensystem ist aus meiner Sicht überholt. Das spiegelt nicht mehr das wider, was gut ist für die Bevölkerung. Man beschäftigt sich eine Weile mit Politik, gibt seinen Zettel ab. »Ah okay, meine Gruppe hat gewonnen. Prima, jetzt lass ich die mal machen und dann kümmere ich mich nicht mehr drum.« Dann machen die, was sie wollen, nach irgendwelchen Sachen losgelöst. Wann sind denn die Abgeordneten mal in ihrem Wahlkreis und unterhalten sich? … Die in Berlin, die leben nicht mehr hier. Das ist wie zu Honeckers Zeiten. Die wissen überhaupt nichts mehr vom Rest. Die leben in Berlin, das ist okay, aber das hat nichts mit dem Rest der ländlichen Gebiete zu tun.


Friederike: Die Menschen sind doch nicht blöd. Man denkt immer, die Menschen sind dumm und sitzen irgendwo rum in ihren Ecken und saufen nur Bier. Das ist so eine Abwertung … Eigentlich wollen die Menschen sich einfach nur wohlfühlen, da, wo sie leben. Und Politik, wie sie hier in unserem Land gestaltet wird, macht das eben nicht möglich. Wenn du wirklich solche kommunalen Dinge ermöglichst und die Politik unterstützt das mit… plötzlich läuft das. Deshalb funktionieren ja auch Kommunen, wo die Leute ihre eigene Energie erzeugen und sich unabhängig machen. Aber vor Unabhängigkeit haben andere auch wieder Angst, wenn die Leute sich… Naja. Kann man nicht so gut kontrollieren.


Yvonne: Du bist ja Ortsteilbürgermeisterin. Ist dir da schon mal Wut begegnet?

Anonym: Jetzt im Rahmen meiner Arbeit hier? Natürlich begegnet mir auch Wut, aber … Ich lasse es nicht mehr so persönlich an mich ran. Ich denke, man muss überlegen, wie die Wut auf einen, sag mal, die Sache auf einen zukommt. Das habe ich gelernt in den Jahren. Die ersten Jahre bin ich nach Hause gegangen, konnte nicht schlafen nach Gemeinderatssitzungen, wenn da so viel auf einen zuploppt. Und jetzt ist es so, dass ich sage: »Das geht ja nicht um mich, sondern es geht hier um die Gesellschaft und dass es unterschiedliche Meinungen gibt, ist ja dann auch normal.« Ich lasse das eigentlich immer erst sacken, um in Ruhe drüber nachzudenken und dann auch die Meinung anderer nochmal für mich zu reflektieren. Also, das funktioniert eigentlich ganz gut. Aber es ist nicht von Anfang an so gewesen. Am Anfang hat’s mich körperlich mehr mitgenommen.

Yvonne: Glaubst du, es müssten alle, die politisch verantwortlich sind, mal so ein Wut-Seminar machen, dass sie lernen, wie man mit Wut umzugehen hat?

Anonym: Ich weiß nicht, ob die die politisch Verantwortlichen wütend sind. Ich glaube eher die, die sich von der Politik nicht gehört oder gesehen werden, die sind eher die Wütenden. Die da oben sind doch nicht wütend. Glaube ich nicht. Kann ich mir nicht vorstellen.

Yvonne: Mir geht es eher darum, müssten die politisch Verantwortlichen Seminare machen, um zu begreifen, wie sie mit Wütenden umgehen sollen?

Anonym: Nee, die sollten erst mal gucken, mit dem kleinen – ich sag immer kleinen –, mit den Bürgern ins Gespräch zu kommen. Dann käme die Wut gar nicht.


Anonym: Ich bin ja auch schon mal Bürgermeisterin gewesen. …  Ich war aber auch froh, wo ich meine Zeit rum hatte. Weil mein Kopf war so schwer, der musste erst mal entschleunigt werden. Sonst wäre das noch schiefgegangen. Für mich persönlich. Weil ich das nicht mehr geschafft habe mit Familie und mit Kommune und all sowas. Vor allem, weil ich gesehen habe, wie die anderen eigentlich einfacher leben. Einfacher als die, die was ehrenamtlich machen.


Ulf: Wir müssen wieder kompetent in der Welt auftreten. Was da abgeht, ist ja wirklich nicht feierlich. Wie die auftreten, also die Einzelnen. Das ist so peinlich, einfach. Wir sind Weltreisende, wir fliegen demnächst nach Sri Lanka, vorher waren wir auf dem Camino unterwegs. Das ist einfach nur peinlich, wenn man sagt, man kommt aus Deutschland. Die grinsen alle schon.


Lothar: Früher ham se immer gesagt: »Wer nichts wird, wird Wirt.« Heute sagen se: »Wer nichts wird, wird Wirt. Ist es da nicht gelungen, geht er in Versicherungen. Hat er da kein Glück, geht er zu den Grünen in die Politik.«


Stephanie: Diese Zuspitzung, die Klimakatastrophe kommt auf uns zu, es wird immer dramatischer, es wird immer ersichtlicher, es ist alles zu warm jetzt schon. Wir haben April, es ist schon fast Sommer. Niemand möchte sich vorstellen, wie das in fünf oder in zehn Jahren ist. Und alle machen die Augen zu und anstatt zu handeln, werden die Sachen verschärft. Das macht mich wirklich wütend. Da können wir noch so viel als Privatpersonen machen – wir können aufs Fliegen verzichten, wir können weniger Fleisch essen, wir können alles Mögliche: Wenn die großen Hebel nicht angefasst werden, dann ist das, was man im Kleinen macht, einfach so schwierig.


Uta: Eine Öffentlichkeit, erschaffen durch Protest oder durch Demonstrationen, ist ja nicht immer eine wütende Demonstration. Das hilft, davon bin ich überzeugt. Ich glaube aber, dass die Menschen, die jetzt so wütend auf alles sind, auf die da oben und auf die Schwulen und auf die mit ihrem komischen queer und dann noch die Radfahrer, die haben das Gefühl, sie müssen sich jetzt in allen Bereichen ändern. Die Welt stimmt nicht mehr, weil die Regeln nicht mehr gelten, weil die alle neu verhandelt wurden und sie waren nicht dabei. Manchmal denke ich, dass das denen alles zu viel ist. Die wollen das alles 20 Jahre, 30 Jahre zurückdrehen, dass alles wieder so ist wie vorher. Und dass man auch ’nen gepflegten Schwulenwitz machen kann. Das ist doch nicht schlimm: Ein Schwulenwitz. Und Radfahrer, die gehören ja irgendwie zu diesen ganzen Gruppen dazu. Die werden auch eingeschachtelt. Die sind ja Grüne und sind dadurch irgendwie auch ein Feindbild geworden für eine bestimmte Gruppe. Hat sich einfach zugespitzt, glaube ich.


Anne: Ungerechtigkeit im Privaten kannst du ja selber klären. Aber so im großen globalen Sinne ist es schwierig. Kannste halt nicht viel machen. Kannst du mal eine Petition unterschreiben? Kannste mal auf eine Demo gehen? Eine Zeit lang habe ich das gemacht. Mittlerweile mache ich das fast gar nicht mehr. Man muss sich da immer sehr präzise mit auseinandersetzen. Was sind das für Leute? Worum geht’s eigentlich?


Dörte: Ja, wir können so nicht weiterleben! Was für mich natürlich mit dem Klimawandel zu tun hat. Ich fahre durch die Städte und ich sehe überall Autos. Ich bin viel auf Reisen und überall sind Autos und DICKE Autos. Und keiner kommt auf die Idee, dass sich das vielleicht verändern muss. Aber es muss sich verändern, aber es sagt ihnen auch keiner. Jeder denkt, er kann so weiter machen. Und ich bin der Meinung, das geht nicht. Und wenn sich unsere Industrie verändert, was sich ja jetzt schon rauskristallisiert, wird sich auch unser Sozialsystem verändern müssen. Wir können uns bestimmte Dinge nicht mehr leisten! Ja, ich bin Rentner. Ich kriege seit Jahren wunderbar eine kontinuierliche Rentenerhöhung. Vier Prozent. Und das finde ich fantastisch. Aber wer finanziert das denn? Die die arbeiten, die können das nicht auf Dauer finanzieren. Und der Steuerzahler auch nicht. Und das setzt sich fort durch alle Bereiche in der Pflege. Ja, wir wollen alle, dass Pfleger ordentlich verdienen. Aber wenn ich dann jemand im Pflegeheim habe und muss über 2.000 Euro im Monat auf diesen Platz drauflegen, dann geht das an die Substanz. Das geht auf Dauer nicht. Und das sind für mich ganz, ganz massive Probleme, die da auf uns zukommen. Ich meine, ich werde es wahrscheinlich nicht mehr erleben. Dafür bin ich zu alt. Aber die nächste Generation, die sieht das vielleicht auch. Und das ist für mich eigentlich auch diese Unsicherheit.


Sarah: Ich erinnere mich, das war im Februar oder März, als diese Demos gegen rechts verstärkt in allen Städten durchgeführt wurden. Da gab es auch eine in Rudolstadt, und ich hatte mich richtig gefreut, weil wirklich mehr los war, als ich mir so erdacht hatte. Also, ich war positiv überrascht, und dann weiß ich noch, dann stand ich direkt am nächsten Tag im REWE, und da haben sich hinter mir zwei ältere Frauen unterhalten. »Was ist denn schon wieder los gewesen auf dem Marktplatz?« und »Immer so ein Theater!« Das, was ich wahrnehme von der Stimmung … oder der Eindruck, den ich oft habe, dass wirklich viel übers Hörensagen geht. Und wenig übers Wissen und Selbsterleben, gerade, was die politische Meinung angeht. Manchmal denke ich, die sitzen in ihrem Garten, unterhalten sich mit ihren Nachbarn oder schlagen die Zeitung auf, und dann haben sie plötzlich eine Meinung, ohne vielleicht selbst mal zu schauen, sich mit Leuten zu unterhalten, die eine andere Meinung haben.


Anonym: Die Politik im Moment macht einen sehr wütend. Weil man wirklich merkt, dass da eine Blase ist da oben und die Herrschaften da oben nicht wissen, was an der Basis los ist. Wo die Arbeitsplätze, Arbeitskräfte fehlen, dass eben die älteren Leute, die noch nicht im Rentenalter sind, dass die verheizt werden und die, die noch ein bisschen Gewissen haben, arbeiten bis zur Erschöpfung. Die Jüngeren machen sich gar nicht so viel Gedanken darüber. Ne, wenn sie eben halt unpässlich sind, dann bleiben sie zu Hause. Ich arbeite in einer Branche, ich arbeite im Pflegebereich, in der Hauswirtschaft. Wir sind die letzten Jahre so wenig Leute geworden und wir müssen das alles mitwuppen, weil die keine Leute finden. Auf der einen Seite erhalten die Pflegekräfte, das wird ja gut publiziert, einen Haufen Geld mehr – gönne ich ihnen auch. Ich könnte auch in die Pflege gehen, aber ich mache es nicht. Die haben wirklich Verantwortung und müssen viel leisten. Aber das sind trotzdem Einrichtungen, die die gar nicht bezahlen können. Das haut doch alles nicht hin! Das ist denen von der Politik nicht bewusst. Irgendwann machen solche Einrichtungen zu, weil das nicht mehr bezahlbar ist. Ja. Das macht mich wirklich richtig wütend! Dass die Umverteilung auch so unmöglich ist.


Thomas: Ich weiß nicht, ob die das wütend macht, aber ich merke ja, dass die Leute überall fehlen. Die Leute sind halt auch unzufrieden, wenn wir als Handwerker gar nicht kommen. Wir haben aber auch ein Recht auf Privatleben. Wir arbeiten viel mehr Stunden als die Leute in der Industrie. Die fangen um sechs an und haben um zwei Feierabend. Und wir fangen um sieben an und haben um halb fünf Feierabend. Und die in der Industrie kriegen noch mehr Lohn. Das ist ja das Ungerechte. Da brauche ich mich nicht zu wundern, wenn ich zu Hause noch ’n Kind hab und meine Frau und dann komme ich jeden Abend spät, weil wir eine Stunde länger gearbeitet haben. Oder nach Kassel fahren zum Arbeiten. Dann brauchst du dich nicht zu beschweren, wenn die Leute alle abhauen und in die Industrie gehen. Da ist das aussterbende Handwerk vorprogrammiert.


Friederike: Wut ist ein Thema. Ich bin nicht die Analyse der Gesellschaft, aber die Gesellschaft. Irgendwas haut ja in der Politik oder in der Gesellschaft nicht hin, sonst wäre die heute ja nicht so. Die fühlen sich verarscht.


Anonym: Und jetzt hier von Demokratie reden, was ist denn Demokratie? Was ist Amerika für eine Demokratie? Zwei alte Männer, die ins Pflegeheim gehören? Wo sind die 10% Nichtidioten? Wo sind die? Sind die alle in Hollywood, oder im Internet oder was? Ich weiß es nicht.



Paul: Wenn ich wütend auf die Regierung bin, dann hätte ich irgendeine kleine Partei gewählt, die keinen Ausschlag im Endeffekt gibt. Aber eine Partei mit rechten Tendenzen zu wählen, finde ich, das ist einfach schwierig. Vor allem aus Protest. Das macht für mich keinen Sinn. Die Leute verstehen nicht, dass ja nicht eine Partei alleine entscheidet. Du kannst nun mal die Entscheidung nicht so einfach treffen. Es ist ja nicht so, dass es von heute auf morgen sich alles ändern kann, nur wenn wir das wollen. Ich finde es einfach ganz schwierig, aus Protest zu wählen. Habe ich irgendwie kein Verständnis für. Es gibt so viele Alternativen. Ich weiß wirklich nicht, was ich dazu sagen soll.


Wieland: Also, ehrliche Meinung, die AfD sagt das, was mir denken.

Werner: Ja, am Ende ja. Deswegen sage ich immer, ich begreif’s nicht. Dass man die nicht ein bisschen mitnimmt. Da ist es ruhiger und leichter für das Land, denke ich mir, als wenn man die in den Arsch tritt. Und das wird wieder so werden.


Ingrid: Die AfD eigentlich, die Einstellung der Menschen zu den AfD-Gedanken. Das ist das, was mir hier in Thüringen speziell die meiste Angst macht. Die AfD gewinnt zu viel Macht. Und das ist nicht gut. Mein Mann sein Vater, den haben sie wegen Denunziationen ins KZ geschafft. Der war in Auschwitz und in Buchenwald und der hat das zwar überlebt, aber war danach krank. Wer so was miterlebt hat in der Familie, der möchte das nicht haben! Da kann ich so eine Partei wie die AfD nicht gebrauchen. Die sagen immer schöne Sachen, wo die Leute dann denken, das hat der Adolf damals auch gemacht. Und die Leute sind ihm hinterhergerannt und haben Hurra geschrieben. Was hat er‘n gemacht? Und so läuft das. Das ist Scheiße. (flüstert das Wort)



Anonym: Wir unterhalten uns doch nicht, wie wir aus der Scheiße rauskommen. Die Jungs, die jetzt in der AfD hier rumtapsen, erklären mir, also wenn ich mit denen rede, sagen die mir, bevor sie mit mir reden, wenn sie es überhaupt noch machen, müsste ich anerkennen, dass der Kapitalismus alternativlos ist. Wir sind am Ende der Geschichte. Wir reden doch von Moral. Es gibt ja mehrere Seiten. Und da muss ich hin. Ich muss die Bedingungen schaffen, dass ich nicht zum Schwein werden muss.


Janek: Bei der Ablehnung der AfD wird so getan, als wäre das gleichbedeutend mit: Politik funktioniert gut an sich, wenn es die AfD nicht gäbe. Und ich glaube, das stört die Leute. Dass mit der Ablehnung der AfD – die völlig berechtigt ist, nach meiner Meinung zumindest – der Glaube entsteht, die Politik läuft eigentlich ganz gut, wenn es die AfD nicht gäbe. Aber das ist ja nicht der Fall. Weil: Wir gestalten ja schon seit Jahren nicht mehr. Wir wehren uns ja die ganze Zeit nur und gehen zur Demokratie-Demonstrationen, wo wir immer für Demokratie sind, wo man sich sagt: »Was machen wir denn eigentlich hier?« Aber: »Wofür sind wir nochmal?« Weil wir GEGEN die Rechten sind, aber… Ja.


Anonym: Wenn ich die sehe, diese Klopper, ich habe sie gesehen, diese Wahlplakate … Was die vertreten, das sind Stammtischgruppen. Wenn sie von der AfD reden, meinen die ja, der kennt sich aus in der Gesellschaft: der hat eine eigene Firma, der ist Klempner oder Schlosser, der kann das. Ja, was hat denn der gekonnt? Der hat vielleicht mal, clever wie er war, die Steuer beschissen. Aber der kann doch die Welt nicht verstehen. So, irgendwie, so. Ja, ist egal. Genug genölt.


Anonym: Dieses Thema Rechte. Viele laufen einfach mit, machen sich keine Gedanken. Und wenn da eine Partei hingeht und sagt: » Euch geht‘s schlecht.« Da müssten die anderen Parteien Gegenargumente finden. Also wie Markus Preiß jetzt zum Beispiel gemacht hat, das müsste viel mehr sein. (Markus Preiß – Leiter des ARD-Hauptstadtstudios kommt aus demselben Ort, aus Eichstruth, und hat einen Film über Europa gedreht.) Dass man sagt: Ja, wir brauchen zum Beispiel Europa. Das wissen ja 80 Prozent nicht oder machen sich keine Gedanken darüber. Die gehen in einen Betrieb rein, die arbeiten da. Aber wovon der Betrieb lebt? Vom Handel. Und von anderen Ländern auch. Da machen die sich ja keine Gedanken. Und dann gehen sie auf die Straße und wählen AfD, die Europa abschaffen wollen. Dass die Inhalte von den Parteien viel mehr zur Sprache kommen und was das für Konsequenzen hat. Wenn ich die AfD wähle, dann passiert das und das, weil die das und das wollen. Oder wenn ich die Grünen wähle, dann kann es sein, dass das so und so wird. Und das macht mich wütend.



U.: Opposition ist halt immer einfacher als Regierung. Das ist nun mal so. Und da kommst du bei den Leuten doch viel besser an, ne. Da sprichst du den Leuten nach ’m Mund und dann hast du auch gleich wieder Sympathien eingesammelt. Das ist eben halt der Fall bei AfD oder bei Sarah Wagenknecht so, dass du peu á peu immer ein bisschen mehr Zustimmung kriegst und alles. Aber wenn es nachher ans Regieren geht, ist das natürlich ’ne ganz andere Geschichte. Ich sage immer: Vielleicht wird die AfD irgendwo auch mal Regierungsverantwortung kriegen, in welcher Form auch immer. Aber dann sehen die Leute vielleicht auch mal, dass es vielleicht doch nicht das ist, wie sie es versprochen haben.

Yvonne: Du meinst, man müsste sie eigentlich irgendwo in Regierungsverantwortung bekommen, damit dieser Entzauberungs-Moment stattfindet?

U: Ja, ja, ich würde die jetzt nicht aktiv da reinwählen. Aber es wird so kommen, es wird schleichend immer weitergehen, bis es dann eben einmal soweit ist. Dann wird vielleicht irgendwo auch mal ein Ministerpräsident dasitzen. Dann müssen wir sehen, was dabei rauskommt. Aber um die Leute wieder ein bisschen einzunorden, wäre es vielleicht gar nicht schlecht. Ich hoffe nur, dass in der Zeit, wo die Regierungsverantwortung haben, dass da nicht allzu viel kaputt gemacht wird und du nachher wieder Jahre lang brauchst, um das einigermaßen wiederaufzubauen.


Annett: Man kann sehr viel schneller Dinge kaputt machen, als man sie am Ende wieder aufgebaut hat. Ich will nicht behaupten, dass wir hier keine Probleme haben. Ich glaube aber, dass wir uns trotz allem noch in einer sehr rechtsstaatlichen und demokratischen Situation bewegen, wie es derzeit auf der Welt nur wenige Menschen haben. Für diesen Teil des Landes wurden diese Möglichkeiten wirklich hart erkämpft. Diese Wut ist, wenn sie einfach nur Wut bleibt und nicht in Bahnen gelenkt wird, wo es produktiv werden kann, wirklich sehr zerstörerisch.



Werner: Jetzt is das beste Beispiel die Europawahl. Die Parteien machen weiter, die lachen noch, grienen noch. Alles hält sich feste. Is doch scheiße. Normalerweise, wie der Macron – vielleicht gewinnt er das sogar, vielleicht hat er recht. Vielleicht geht’s auch den Bach runter. Ma weeß es nich. Bei uns isses jetzt wieder schlimm. Weil sie sich gegenseitig… Normalerweise, die Parteien passen überhaupt nicht zusammen. Das funktioniert nicht richtig. Es geht eben auch runterwärts.

Yvonne: Aber, bisher hat ja keine Partei die Mehrheit. Also jetzt nehmen wir mal die des Thüringer Landtags. Keine Partei hat die absolute Mehrheit, um allein zu regieren. Was sollen die denn machen? Ich meine, die unterscheiden sich jetzt massiv, die Parteien, die hier im Thüringer Landtag eine Chance haben, reinzukommen. Was für eine Koalition soll denn da entstehen?

Werner: Das weeß ich och nich, was entstehen soll. Aber ich bin in der Meinung, also das is meine persönliche Meinung, die, die die meisten Stimmen haben, die Zweeten, die die meisten Stimmen haben, und die Dritten, die die meisten Stimmen haben. Es geht nämlich los, wenn du da siehst, da oben, da machen die Parteien mit solchen Parteien, die die Leute gar nicht mehr haben wollen. Das is das Problem, was ich immer sage. Und da könn se mit mir reden, wie se wollen. Wenn ich höre, mit Nazis … Es gibt in jeder Partei solche Leute. Die fallen immer mal durch oder wie och immer. Aber dass es sowas gibt, wie es früher war, also das is schwer begreiflich.

Yvonne: Das heißt, der Vorschlag wäre, die AfD, die CDU und das BSW zusammen machen eine Koalition. Weil das – laut Umfragen – die sind, die erste, zweite, dritte Stimmenmehrheit.

Werner: Wenn die Stimmen wären, warum nich? Des ist ein Versuch wert. Das Schlimmste, sag ich immer, is, wenn man Parteien, die so und so viel Prozent haben, und die nicht mitnimmt. Und das siehste ja, is ja nur Theater. Krach und wie och immer. Und es gehört einfach dazu, wenn die Leute, die sehen ja nachher och eenmal, was hier passiert, und dann fliegen se eben wieder raus.

Wieland: Die AfD muss die absolute Mehrheit kriegen, sonst…  Aber mit denen macht keener.

Yvonne: Doch, die Werteunion will mit der AfD.

Werner: Ja, aber nach meiner Meinung finde ichs nicht in Ordnung. Die sind mit so und so viel Prozent da und man versucht sie, mit aller Gewalt in der Ecke liegen zu lassen. Finde ich nicht… Das hat schon ein Älterer mal gesagt: »Man muss einfach gewisse Sachen mitnehmen.« Und die machen es aber nicht. … Es wird ja nur rumgewürcht gegen, und da wird gebuhlt. Und merken selber nicht, dass sie keene richtigen Stimmen mehr kriegen. Die brauchen sich doch nicht zu wundern.

Wieland: Aber ich kann dir das jetzt schon sagen…

Werner: Ich kanns och…

Wieland: Wir wern da ne Koalition…

Yvonne: Bitte sagts uns. Ihr seid jetzt unser Wahlorakel.

Wieland: Die CDU mit BSW und SPD. Das kann passieren. Die dreie. Du wirst sehen.

Yvonne: Das hat Stefan heute auch schon prophezeit.

Werner: Die müssen ja irgendwohin, wenn sie mit der anderen nich zusammenmacht.

Yvonne: Und wer wird dann Ministerpräsident?

Wieland: Na, Voigt.

Werner: Ich. (alle lachen)

Yvonne: Stefan, schreibs mal auf.

Werner: Das kann passieren, dass es Voigt wird.

Wieland: Das ist schon fertig.


Udo: Bei Kommunalwahlen werden halt die Leute gewählt. Am Ende in den Nachrichten sind es eigentlich nur die Parteien, da geht es nicht mehr um die Leute. Aber hier, gerade auf dem ländlichen Gebiet, ist es so, dass die Leute eben halt noch viele kennen, die in der Politik sind und weil sie Vertrauen zu denen haben, werden die auch gewählt. Da ist erstmal zweitrangig, ob sie eben CDU oder SPD sind. AfD, will ich jetzt nicht sagen, die hängen schon so ein bisschen außen vor. Ich sage mal, dass hier schon eher personenbezogen gewählt wird und am Ende zählen nur die Parteien. Was mich daran stört, dass sie immer sagen: »Der Wählerwille hat gesagt: So und so«. Aber am Ende schließen sich die Parteien so zusammen, um damit ’ne Mehrheit zu haben. Ob das dann noch der Wählerwille ist, weiß ich nicht. Ich weiß nicht, ob die Ampel in Deutschland der Wählerwille war. Es haben sich halt die Parteien zusammengefunden, um eine Mehrheit zu kriegen. Jeder hat die Partei gewählt, sage ich mal, der er am meisten Vertrauen schenkt oder vielleicht die Hoffnung in die Zukunft gesetzt hat. Aber was die am Ende daraus machen, ist wieder eine andere Geschichte.


Yvonne: Wir haben heute Europawahl. Es gibt auch Leute, die sagen: »Nö, meine Wut kanalisiere ich jetzt, indem ich das auf den Wahlzettel halt…«

Anonym: Nein.

Yvonne: … vermerke.

Anonym: Das ist genau das Verkehrte. Ich denke, muss man genauer überlegen, wo man seine Wut loslässt. Aber nicht das Falsche anzukreuzen. Das ist, denke ich, das ist der größte Fehler, den man machen kann.


Yvonne: Du scheinst ja mit vielen Leuten in Kontakt zu kommen. Merkst du, dass sich etwas aufstaut an Wut im Land?

Thomas: Ja, das merk ich. Prinzipiell sage ich immer, uns geht’s gut. Wir haben Arbeit, wir sind gesund. Aber ich sage mal, eine Wertschätzung von diesen wesentlichen Sachen im Leben ist verloren gegangen. Die Leute wollen immer noch mehr. Die sind nicht mehr zufrieden. Das ist ein Problem, finde ich. Es ist ja nichts anders wie bei den Berufen. Es ist nur noch ein gegenseitiges Abwerben. Keiner steht mehr zu seiner Firma. Der bezahlt mehr, der bezahlt mehr. Viele alte Leute gehen in Rente. Es kommen nicht genug, es sind nicht genug junge Leute, die nachkommen. Da gehen für mich die Probleme los. Ich bin Zimmermann, wir haben auch Lehrlinge, Tischler und Zimmerleute. Wenn man da schon die Unterschiede sieht mit dem Gehalt, das geht nicht. Es ist beides ein Handwerksberuf und beides ist wichtig. Für mich gehört dazu, dass alle Lehrlinge ein gleiches Grundgehalt kriegen. Oder einer, der Industriekaufmann lernt, der kriegt im ersten Lehrjahr 1200 Euro. Ist doch klar, dass ich dann keine Leute mehr für das Handwerk kriege. So reiße ich die Leute ja vorher auseinander. Heutzutage geht es nur noch ums Geld.


Anonym: Das Nächste, was mich sehr wütend macht, ist diese Diätenabfindung von den hohen Beamten und die in der Politik sind. Klar, die haben viel Verantwortung und sind in der Öffentlichkeit und dies und das. Aber das muss der Steuerzahler ja erst mal verdienen. Was da so ausgegeben wird im Monat. Das summiert sich. Ich arbeite für 13,50 Euro und muss auch meine Sachen alle bezahlen. Die Schere wird immer größer und irgendwann klappt dieses ganze System zusammen.


Anonym: Für mich sind nicht die einzelnen Politiker wichtig, sondern die Richtung, in die die Partei läuft. Das macht am letzten Endes die Politik. Ein Einziger macht nicht die Politik, auch nicht einer, ein Landrat oder ein, was weiß ich, Ministerpräsident. Der macht nicht die Politik. Die Politik machen die Parteien, die die Mehrheit haben, die die Stimmen haben. Und da muss ich wissen, wo geht’s lang. Was wollen die denn?


Anonym (Mitglied im Ausländerbeirat): Wut äußert sich in vielen Gesprächen. Unsere Arbeit ist ja Menschenrechtsarbeit. Wir sehen, dass die Menschenrechte mit den Füßen getreten werden. Die große Politik äußert sich nicht so richtig klar und deutlich für Menschenrechte. Das macht natürlich Wut. Egal, ob es in der Ukraine, in Gaza oder Äthiopien oder Eritrea ist. Ja, weil wir das sehen, sind wir wütend. Deswegen können wir uns nicht immer äußern, wie wir es gerne hätten.


Yvonne: Könnt ihr verstehen, wenn Leute ihre Wut auf die Straße bringen?

Karin: Ja, manchmal gibt es sicherlich Gründe. Und man kann nicht nur über Konsens Lösungen erzielen. Das ist schon richtig. Ich bin nicht gegen einen Streik, nicht prinzipiell. Aber das hat Formen angenommen, die erpresserisch sind. Da denke ich insbesondere an die Art und Weise, wie Herr Weselsky die GDL geführt hat und wie sie das ganze Land in Geißelhaft genommen haben. Das finde ich unverschämt. Zu ihren Arbeitsbedingungen bin ich nicht wirklich aussagekräftig. Aber es passt nicht in die Zeit, dass man möglichst nur noch 32 oder 35 Stunden arbeitet und dann massive Zuwächse beim Gehalt bekommt. Das Land ist in einer schwierigen Situation durch sehr viele Krisen, die auch nicht nur das Land zu verantworten hat. Das sind ja viele globale Prozesse, die auch auf Deutschland einwirken. Denken wir an die Klimakrise, wo schon längst viel mehr gemacht werden müsste. Denken wir an diese kriegerischen Auseinandersetzungen. Das hat ja alles Wirkung auf unsere Gesellschaft! Und da wünsche ich mir, dass man mehr zusammensteht und versucht: Was können wir tun, um das Land vorwärts zu bringen. Das wäre schon ein großer Wunsch.


Thomas Kemmerich: Krieg und Frieden, Welt, Klima – diese Dinge. Aber wenn wir das in Wut diskutieren, wie wir das auf der Straße erleben, ist das sehr, sehr gefährlich. Da brauchen wir auch keine geschichtlichen Analogien feststellen. Das schreckt die große schweigende Mitte und Masse der Menschen eigentlich ab. Die sagt: »Das ist nichts mehr, wo ich mich vertreten fühle, wenn man sich da so gegenseitig anbrüllt.« Deshalb ist es auch im Parlament, im Landtag oder im Stadtparlament oder wo auch immer, ganz wichtig, dass man sachlich und fair miteinander umgeht. Da gibt es Spielregeln wie beim sportlichen Event, wie beim Fußball. Und wenn es einer übertreibt: gelbe Karte, rote Karte. Ist im Parlament nicht so einfach, weil Demokratie schützt da jeden vor jeder Äußerung. Aber es sollte jeder verinnerlichen, dass es Regeln gibt, nach denen man miteinander oder mit denen man miteinander umgeht. Ohne dass man irgendeiner Form ein Argument nicht bringen darf. Das soll alles erlaubt sein. Aber in der Form erwarten die Leute auch Anstand und Vorbildfunktion.


Yvonne: Glaubst du, dass Ihr bis 67 arbeiten könnt?

Thomas: Nee, will ich auch nicht. Viel zu lange. Wenn ich sehe, Leute, die das ganze Leben auf dem Bau gearbeitet haben, ne. Ich will es gar nicht so lange machen. Wenn ich jetzt überlege, dass ich 36 bin und ich soll das noch, übertrieben gesagt, noch mal so lange machen, das geht doch gar nicht. Das geht nicht! Da tun dir die Knochen weh und das ist doch… Rente bis 67 kann man gar nicht schaffen. Das ist halt ein Punkt. Die Leute, die sowas entscheiden… ich will jetzt nicht sagen, dass Politik einfach ist. Und das ist auch nicht auf die letzten 10, 15 Jahre zurückzuführen oder nur auf die letzte Wahlperiode, meiner Meinung nach. Das Problem ist einfach, haben die Leute denn schon mal…? Gebt mir die Leute (Politiker) mit, mal drei Wochen richtig arbeiten. Ich sag euch, die machen abends nix mehr. Die kommen nach Hause, die sind flach. Das ist das Problem, die eigenen Erwartungen von den Leuten. Die müssten vielleicht auch mal ein bisschen zurückstecken. Und nicht immer noch mehr haben wollen!

Yvonne: Du plädierst für mehr Bescheidenheit?

Thomas: Bescheidenheit, einfach mal bescheiden. Gesund, Zeit mit meiner Familie, mal mehr Freizeit. Ich will gar keine Vier-Tage-Woche. Aber einfach von 7 bis 16 Uhr auf dem Platz. Das würde mir schon reichen. Ein Kollege von mir, der ist 50 geworden. Der ist einfach fertig! Dem tun die Knochen weh. Der kommt mittags nach Hause. Der macht gerade jetzt so eine Wiedereingliederung. Er sagt: »Manche Tage ist es gut.« Der arbeitet von 7 bis halb eins, vorher war es bis elf, jetzt ist ein bisschen aufgestockt worden. Aber das kommt ja nicht von irgendwo her. Das ist, weil der Jahre lang geknüppelt hat. Von 7 bis halb fünf oder auf Montage gefahren. Und dann Donnerstagabends noch nach Hause. Ich muss meine Wochenstunden arbeiten, weil ich ja auf mein Geld kommen will. Arbeite ich die Stunden nicht, fehlt mir die Kohle am Ende des Monats. Und das Geld brauche ich ja zum Leben. Ich sage immer: »Ich arbeite, um zu leben. Und ich lebe nicht, um zu arbeiten.« Da muss man halt differenzieren. Und muss halt einfach bescheidener sein.



Stefan: Wir waren bei Veranstaltungen von bestimmten Parteien und da kommt schon öfter als Argument: »Die Jugend wird zu sehr in Watte gepackt. Die haben das Leben schon als Jugendliche kennenzulernen, weil später das Leben ist auch hart.« Ist das eine Meinung, die du vertreten würdest?

Paul: Klar ist das Leben nicht leicht. Aber von vornherein zu sagen, so ist das Leben… Ich meine, wir arbeiten ja darauf hin, dass wir kein hartes Leben haben, im besten Fall. Und dann zu sagen: in Watte gepackt, find ich schwierig, weiß ich nicht. Also…

Stefan: Das ist ja auch so ein Vorwurf an die junge Generation, dass die nicht mehr so viel arbeiten gehen.

Paul: Ja, aber man sieht ja auch, wie es so läuft. Also vierzig Stunden die Woche, dann dauerhaft und du bist im Beruf gefangen, wo es dir vielleicht noch nicht mal gefällt und du arbeitest nur, um Geld zu kriegen. Schwierig. Ich meine, ich so als Pädagoge, wenn ich da fertig bin, werde ich auch nicht bestens bezahlt. Aber ich mache es ja nicht, um reich zu werden. Sondern, weil mir der Beruf gefällt und ich hinter dem stehe, was ich studiere.

Yvonne: Wo würdest du denn gerne arbeiten wollen?

Paul: Ich würde genau da wieder zurückgehen, wo ich im FSJ war, in die Villa Lampe. Kinder- und Jugendarbeit.


A.: Das macht mich halt wütend. Dass so viele Jugendliche einfach nur zuhause rumhängen und…

E: …keine Lust haben.

A: Mein einer Enkel ist genauso. Der macht den Tag zur Nacht und in der Nacht ist der putzmunter. Und dann geht’s nur peng peng peng. Nur an die Konsolen. Das ist schlimm. Aber liegt halt auch am Elternhaus.

Yvonne: Und wenn du da wütend wirst, äußerst du das ihm gegenüber?

A: Ich seh ihn ja gar nich. Das isses ja. Ich seh ihn nur Weihnachten. Da sinds ’se alle da. Die ganze Familie ist dann da. Und da tu ich das Thema nicht ansprechen. Um Gottes Willen. So macht was macht man nicht zu Feiertagen. Ich hab schon mit ihm gesprochen. Und er meinte immer: »Ich hab mich beworben. Ich hab beworben.« Und? Es kommt aber nüschd.

Yvonne: Was meinst du, was würde ihn dazu bringen? Kein Geld mehr geben?

A: Ja.

Yvonne: Und wäre das insgesamt auch dein Lösungsansatz?

A: Ja, das ist ja das. Genau. Die kriegen ja dann, jetzt heißts ja Bürgergeld, ja? Die kriegen Bürgergeld. So. Und das müssten ’se streichen. Jeder, der zwei gesunde Hände hat, die jungen Leute, die nicht arbeiten gehen, wollen, müssten für das Geld och ein bisschen arbeiten. Gibt genug in Deutschland Arbeit. Ob das in den Wäldern ist oder …

W: …Aber nicht nur die Jugend. Och die, die hier reinkommen. Und beziehen Bürgergeld.

A: Ja auch. Auch.